Maus, Christian, Der ordentliche Professor und sein Gehalt. Die Rechtsstellung der juristischen Ordinarien an den Universitäten Berlin und Bonn zwischen 1810 und 1945 unter besonderer Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse (= Bonner Schriften zur Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte 4). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2012. 460 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Der ordentliche Professor, der die Geschichte der deutschen Universität so einschneidend geprägt hat, dass sie in ihren Glanzzeiten als Ordinarienuniversität gekennzeichnet werden konnte, verdankt seine Entstehung im Kern seinen überdurchschnittlichen Leistungen und seinen Untergang der ungezügelten Nutzung seines beneideten Erfolgs in einem gleichheitsfreundlichen Umfeld. Dieser geschichtliche Aufstieg und Niedergang ist der wissenschaftlichen Erörterung wert. Der Verfasser hat sie in ausgewähltem Rahmen in seiner gediegenen, von Mathias Schmoeckel betreuten, im Frühjahr 2012 von der rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bonn angenommenen Dissertation unternommen.

 

Gegliedert ist die eine bisherige Lücke exemplarisch schließende Untersuchung nach einer Einleitung über Grundlagen, Abgrenzung, Gang, Kaufkraftrelation und Quellen in drei chronologisch geordnete Kapitel. Sie setzen mit der Gründung der Universität Berlin ein und gehen von Zäsuren in den Jahren 1897 und 1937 aus. Damit wird eine zentrale Entwicklungsperiode erfasst, wenngleich an sich wünschenswerte Vollständigkeit nicht erreicht werden konnte.

 

Im Ergebnis genossen die ordentlichen, 1817 im Rang den Regierungsräten und Oberlandesgerichtsräten gleichgestellten Professoren der juristischen Fakultät der beiden Universitäten als unmittelbare königliche Staatsbeamte (bis 1918?) die meisten universitären und außeruniversitäten Rechte, ohne dass die ihnen auferlegten Pflichten die der anderen Dozenten deutlich überwogen hätte. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts belief sich das durchschnittliche Grundgehalt des juristischen Ordinarius auf 1200 bis 1500 Taler (38400-48000 Euro, Savigny 2500 Taler bzw. 80000 Euro), 1876 in Berlin 6000 Mark (42000 Euro) und 1939 7500 Reichsmark (rund 30000 Einstiegsgrundgehalt und in Einzelfällen 13600 Reichsmark bzw. 54400 Euro). Dementsprechend verstanden sich die Ordinarien nach den Feststellungen des Verfassers als Teil einer Aristokratie des Geistes und wurden als Elite wahrgenommen.

 

Die den elitären Professoren gezahlten Summen betrugen nach den Worten des Verfassers nicht selten ein Vielhundertfaches des Lohnes eines einfachen Arbeiters und oft ein Mehrdutzendfaches des Entgelts eines in der Universitätsklinik angestellten Arztes oder eines Beamten der Kuratorialkanzlei. Dem folgte allerdings ab 1897 mit der Deckelung der Einkunftsmöglichkeiten eine allmähliche Entwertung. Aus dem Ergebnis, dass ein Professor im Deutschen Reich zur Jahrhundertwende achtmal soviel verdiente wie ein Volksschullehrer, dieses Verhältnis sich aber bis zur Gegenwart geviertelt hat, schließt der Verfasser ansprechend auf einen Zusammenhang zwischen finanzieller Ausstattung eines Hochschulwesens und dessen Bedeutung in einem zunehmend globalen Wettbewerb.

 

Beigefügt sind dem gründlichen und aufschlussreichen Werk im Anhang Übersichten über die juristischen Lehrkörper und juristischen Rektoren der Universitäten Berlin und Bonn sowie zahlreiche Einzelbeispiele zur Besoldung. Ein kurzes Personenregister von Heinrich Achenbach bis Adolf Zycha schließt es hilfreich ab. Möge es mit seiner Kurzformel mehr Geld, mehr Geltung der deutschen Wissenschaft zu neuem Aufschwung verhelfen.

 

Innsbruck                                                        Gerhard Köbler