Malettke, Klaus,
Hegemonie - multipolares System - Gleichgewicht. Internationale Beziehungen
1648/1659-1713/1714 (= Handbuch der Geschichte der Internationalen Beziehungen
3). Schöningh, Paderborn 2012. XIX, 581 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Von dem in einer Zeit der Globalisierung naheliegenden, von
Heinz Duchhardt und Franz Knipping herausgegebenen, auf neun Bände angelegten
Handbuch der Geschichte der internationalen Beziehungen sind seit Heinz
Duchhardts Balance of Power und Pentarchie (1700-1785) von 1997 in fünfzehn
Jahren sechs Bände erschienen. Sie betreffen die Jahre zwischen 1830 und 1878
(1999), 1785 und 1830 (2004), 1559 und 1660 (2007), 1450 und 1559 (2008) sowie
zwischen 1648/1659 und 1713/1714. Damit liegt von 1450 bis fast zum Ende des
19. Jahrhunderts bereits ein beträchtlicher Teil des Gesamtwerks vor.
Eine bisher bestehende bedeutsame Lücke konnte zuletzt der
in Rastenburg 1936 geborene Marburger Historiker Klaus Malettke schließen. Er
war nach dem Studium von Geschichte, Romanistik und Pädagogik in Marburg, Dijon
und Paris 1965 in Marburg bei Wilhelm Mommsen promoviert und nach einem mit
Fritz Dieckmann vollzogenen Wechsel in Berln 1972 habilitiert worden. Während
seiner 1980 beginnenden Marburger Tätigkeit legte er zahlreiche Werke zur
mitteleuropäischen Geschichte der frühen Neuzeit mit einem Schwerpunkt auf
Ludwig XIV. von Frankreich vor, so dass er für die Behandlung von dessen Zeit
und Politik bestens ausgewiesen ist.
Entsprechend der Gesamtkonzeption der Reihe gliedert sich
auch der von ihm vorgelegte Band in strukturelle Gegebenheiten und
Rahmenbedingen, bei denen als Akteure vor allem Frankreich, Spanien,
Großbritannien, Kaiser, Reich und österreichische Erblande, die Republik der
Vereinigten Niederlande, Schweden, das osmanische Reich, daneben Russland
(Rußland), Polen, Brandenburg(-Preußen), Dänemark, Savoyen sowie Reichsitalien,
Venedig, Kirchenstaat, Eidgenossenschaft, Portugal, Bayern, Mainz, Sachsen,
Hessen-Kassel, Afrika und die Maghrebstaaten, Indien, Japan, China,
konfessionell-ständische Einheiten und schließlich quasisouveräne
Uberseehandelskompagnien auftreten, und in die Aktionen. Bei ihnen
unterscheidet der Verfasser insgesamt vier zeitliche Abschnitte (1648-1668,
Zeit Ludwigs XIV., 1697-1701 und 1701-1714) sowie zwei sachliche Abschnitte
(Fernost um 1700, Staaten zu Beginn des 18. Jahrhunderts). Auf breiter
Quellengrundlage legt umsichtig zahlreiche einzelne Fakten dar und betont am Ende
hauptsächlich die signifikanten Veränderungen bei den Akteuren, die Bedeutung
der zahlreichen Kriege, die Zunahme der Friedenskongresse, die Auswirkungen auf
die Kolonien, die aggressive Politik Ludwigs XIV. und endlich das durch die
Friedensverträge von Utrecht stabilisierte multipolare System präponderierender
Mächte, zwischen denen allmählich ein langfristig angestrebtes, stets
gefährdetes, aber auch immer wieder ausbalanciertes politisches
Kräfteverhältnis entstand.
Innsbruck Gerhard Köbler