Lutz, Martin, Carl von Siemens 1829-1906. Ein Leben zwischen Familie und Weltfirma. Beck, München 2013. 415 S., 119 Abb., ein Stammbaum. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Im Jahre 1384 wird in Goslar die Familie Siemens erstmals erwähnt. Ihr entstammte der in Mecklenburg das Gut Menzendorf pachtende Christian Ferdinand Siemens (1787-1840), dem insgesamt 14 Kinder geboren wurden, darunter 1829 Carl Siemens. Seit 1847 war Carl in der neu gegründeten kleinen Telegraphenbauanstalt Siemens & Halske tätig und wirkte zunächst in Paris, London und dann vor allem in Russland an deren Welterfolg mit. Da er die Aufzeichnung eigener Lebenserinnerungen aus persönlichen Gründen ablehnte, entdeckt ihn eigentlich erst das vorliegende Werk für jedermann neu.

 

Geschaffen ist es von dem in Stuttgart 1977 geborenen, in Konstanz seit 1998 in Geschichte und Politikwissenschaft ausgebildeten, danach an der Professur für Wirtschafts- und Sozialgeschichte in Heidelberg tätigen Verfasser. Bereits seine Magisterarbeit im Fach Geschichte war insofern auf diese Thematik in weiterem Sinn ausgerichtet, als sie sich mit dem Verhältnis von Siemens und der Sowjetunion nach dem ersten Weltkrieg befasste. Aus ihr erwuchs die zwischen 2004 und 2009 erarbeitete mit summa cum laude bewertete geschichtswissenschaftliche Dissertation Siemens im Sowjetgeschäft.

 

Der von dort aus vorgenommene geschichtliche Rückgriff erweist Carl Siemens bereits mit 23 Jahren als wagemutigen, erfolgreichen Organisator, der in Frankreich für das Unternehmen Siemens & Halske die erste Beteiligungsgesellschaft außerhalb des deutschen Sprachraums gründete. Nach der Errichtung einer 9000 Kilometer langen Telegrafenlinie in Russland und der Beteiligung an der indoeuropäischen Telegrafenlinie von London nach Kalkutta leitete er 1874/1875 die Verlegung des ersten Siemenstransatlantikkabels von England nach Nordamerika. Nicht zuletzt aus 3697 erhaltenen Briefen zwischen dem in Russland geadelten Carl von Siemens und seinem ihm emotional sehr verbundenen, älteren, technisch begabteren Bruder Werner erarbeitet das von der Siemens-Familienstiftung geförderte Werk ein ansprechendes, mit zahlreichen Abbildungen veranschaulichtes Bild eines zwar nicht unmittelbar für das Recht, aber doch für die Verkabelung der Welt seit dem 19. Jahrhundert besonders wichtigen, flexiblen und mobilen Unternehmers mit viel Licht und etwas Schatten.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler