Lohse, Tillmann, Die Dauer der Stiftung. Eine diachronisch vergleichende Geschichte des weltlichen Kollegiatstifts St. Simon und Judas in Goslar (= Stiftungsgeschichte 7). Oldenbourg, München 2011. 576 S., 29 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Mit dem um 950 erstmals belegten deutschen Wort Stiftung wird seit langem die Widmung von Vermögen zu einem bestimmten Zweck durch Rechtsgeschäft bezeichnet, die bereits dem römischen Recht bekannt ist. Im 19. Jahrhundert wird die bis dahin meist nur als unselbständiger Anhang einer Kirche oder Gemeinde angesehene Stiftung etwa bei Georg August Heise in seinem Grundriss eines Systems des gemeinen Civilrechts im Jahre 1816 als juristische Person anerkannt. Seitdem kann eine Person durch rechtliche Verselbständigung von Vermögen eine neue, nicht zwangsläufig auf ein Leben eines Menschen beschränkte Person schaffen, für welche der unaufhörliche Zeitablauf gleichwohl vielfältige Probleme verursachen kann.

 

Die vorliegende gewichtige Studie ist die von Michael Borgolte betreute, im Wintersemester 2009/2010 von der philosophischen Fakultät I der Humboldt-Universität zu Berlin angenommene Dissertation des 1975 geborenen, nach dem Studium von Geschichte und Grundschulpädagogik in Potsdam und Berlin (HU) zehn Jahre am Lehrstuhl und danach an einem Projekt als wissenschaftlicher Mitarbeiter beschäftigten Verfassers. Sie ist zwar unmittelbar auf Interesse gestoßen, doch war die Lieferung eines Rezensionsexemplars nicht möglich, weshalb der Herausgeber mit gewisser Verspätung auf die Arbeit in einigen Zeilen hinweisen muss. Gegliedert ist die Studie außer in eine Einleitung mit Problemaufriss, Fallbeispiel und Konzeptualisierung in die drei Teile Momentaufnahmen, Dauer im Vergleich und Editionen.

 

Die Momentaufnahmen betreffen die Jahre um 1047 (Gründung durch Kaiser Heinrich III.), um 1163, um 1469, um 1647, um 1804 (neue Stiftungszwecke) und um 1956 (Feierstunde für Kaiser Heinrich III.). Hinsichtlich der Dauer werden auf knapperem Raum Prozeduren der Verstetigug und Entstetigung sowie Arrangements von Beständigkeit untersucht. Der dritte Teil bietet Editionen des Urbars von etwa 1191/1194, die Chroniken des 14. und 15. Jahrhunderts, den Ordinarius von 1435 und Teile des Breviars von 1522, so dass das mit Verzeichnissen und Registern versehene Werk insgesamt im Rahmen allgemeinerer weiterführender Überlegungen über die Möglichkeit, dem Zeitablauf wenigstens vorübergehend zu trotzen, die Einsicht in die Geschichte des ausgewählten Stiftes in eindrucksvoller Weise bereichert.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler