Liedtke, Rainer, Die industrielle Revolution (= UTB 3350). Böhlau, Köln 2012. 204 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Revolution als plötzliches, umwälzendes Ereignis ist im politischen Bereich vor allem durch die französische Revolution des Jahres 1789 bekannt. In Parallele hierzu wird sie für die grundlegende Trennung zwischen Vormoderne und Moderne (ab 1760) auch im Bereich der Wirtschaft verwendet. Diese epochale Verschiedenheit ist trotz der allgemeinen Kontinuität menschlicher Geschichte so grundlegende, dass sie immer wieder eine leicht lesbare, die unübersehbare Spezialliteratur für die Allgemeinheit verwertende Überblicksdarstellung verdient, wie sie im vorliegenden schmalen Band geboten wird.

 

Ihr Verfasser ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geschichte der Technischen Universität Darmstadt und Privatdozent am historischen Institut der Universität Gießen. Wissenschaftlich ist er anscheinend erstmals mit einer in Oxford am St. Antony’s College angenommenen Dissertation über Jewish welfare in Hamburg and Manchester c- 1850-1914 hervorgetreten. Seine Gießener Habilitationsschrift des Jahres 2004 betrifft N M Rothschild & Sons (im Rahmen der) Kommunikationswege im europäischen Bankwesen im 19. Jahrhundert, während eine Geschichte Europas von 1815 bis zur Gegenwart weiter und allgemeiner ausgreift.

 

Nach einem kurzen Vorwort gliedert der Verfasser seinen verdienstlichen Überblick in 10 Abschnitte, in denen er Revolutionen in Landwirtschaft, Wissen und Handel vor die (eigentliche) Revolution einordnet und danach im Wesentlichen geographisch vorgeht. Überzeugend beginnt er mit Großbritannien und gliedert dabei in Rohstoffe und Technologie, Textilindustrie, Kapital und Absatzmarkt, Transportwesen, Eisenbahn, The Workshop of the World, Demografie sowie Konkurrenz und Abstieg, wonach Westeuropa und Mitteleuropa, Nordamerika, die europäische Peripherie im Norden, Osten und Süden - und nach Kapiteln über soziale Konsequenzen sowie Politk und Staat - Japan und die Schwellenländer (Indien, Korea, Brasilien) behandelt werden. Literaturhinweise und (noch unter dieser Kolumne) ein kurzes Personenregister von Arkwright bis Watt schließen die disziplinenverbindende Darstellung ab, die durch eine einfache chronologische Übersicht über die wichtigsten Stufen oder Geschenisse dieser evolutionären Revolution von der Errichtung des Wechselkurssystems durch die Bank von Amsterdam im Jahre 1609 über das Gesetz für Zollstraßen (1707), die Maschine Jethro Tulls (zum Sähen!), die Einführung neuer Grassorten (um 1725?), die geschlechtergetrennte Zucht von Weidetieren Robert Bakewells oder die Dampflokomotive George Stepehensons (1812) noch bereichert hätte werden können.

 

Innsbruck                                                        Gerhard Köbler