Klein, Georg Wilhelm, Über den Grundsatz der materiellen Höchstpersönlichkeit der Testamentserrichtung. Auslegung und Grenzen am Beispiel des frühzeitigen Unternehmertestamentes. Tectum, Marburg 2012. 193 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Errichtung eines Testaments ist eine Angelegenheit im Leben des Menschen, deren Besorgung ihm zwar auf Grund der Testierfreiheit freigestellt ist, die aber bei ihrer tatsächlichen Vornahme an verschiedene förmliche Vorschriften gebunden ist. Daraus ergibt sich für den Verfasser die besondere Fragestellung, ob der Erblasser als Unternehmer im Rahmen einer erbrechtlichen Lösung der Unternehmensnachfolge einem Dritten die Ermessensentscheidung zuweisen kann, den Erben zu bestimmen. Ein sachliches Bedürfnis leitet er daraus ab, dass der Erblasser im Zeitpunkt der Errichtung seines Testaments noch nicht abschätzen kann, wer seiner gesetzlichen Erben bereit und geeignet sein wird, die Aufgabe der Unternehmensfortführung zu übernehmen.

 

Die dieser Fragestellung gewidmete vorliegende Untersuchung ist die von Martin Lipp angeregte und betreute, im Sommer 2011 von dem Fachbereich Rechtsgeschichte der Universität Gießen angenommene Dissertation des Verfassers. Sie gliedert sich insgesamt in drei Kapitel. In ihnen untersucht der Verfasser die Entwicklung des Grundsatzes materieller Höchstpersönlichkeit auf der Grundlage der Lehre der Glossatoren, Kommentatoren und Kanonisten bis zu Leitentscheidungen des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs, behandelt unstreitige Wesensmerkmale des Grundsatzes materieller Höchstpersönlichkeit und wendet sich zum Abschluss dem Grundsatz materieller Höchstpersönlichkeit im Falle des frühzeitigen Unternehmertestaments zu.

 

Im Ergebnis stuft er die Ansicht des Bundesgerichtshofs, wonach nur die Bezeichnung, nicht aber die Ermessensentscheidung eines Dritten möglich sein soll. als Formalismus ein, der den Wortlaut des § 2065 II BGB im Übermaß betont. Nach seiner Meinung sprechen die besseren Argumente für eine Zulässigkeit der Dritterbenbestimmung im Sinne einer tatsächlichen Ermessenentscheidung. Für die Rechtsfortbildung im Sinne des Bundesgerichtshofs besteht nach seiner Überzeugung kein Bedarf, seil sie kein sachgerechtes System erkennen lassen, doch muss erst die Zukunft erweisen, ob der Bundesgerichtshof dem Verfasser darin folgen wird, dass sich mit dem ins Zentrum der Auslegung zu rückenden dogmengeschichtlich gewachsenen System des Grundsatzes materieller Höchstpersönlichkeit Auslegungsfragen des § 2065 II BGB auf eine verlässliche Grundlage stellen lassen.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler