Joos, Katrin, Gelehrsamkeit und Machtanspruch um 1700. Die Gründung der Berliner Akademie der Wissenschaften im Spannungsfeld dynastischer, städtischer und wissenschaftlicher Interessen (= Stuttgarter historische Forschungen 13). Böhlau 2012. 334 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Das vorliegende Werk ist die von Joachim Bahlcke betreute, 2009 unter dem Titel Monarchie und Frühaufklärung an der Universität Stuttgart angenommene Dissertation der Verfasserin. Sie widmet sich der interessanten Frage der Verbindung von Herrschaft und Wissenschaft an einem für diese Zeit unerwarteten Ort. Zwar waren bereits im 17. Jahrhundert in London und Paris wissenschaftliche Akademien begründet worden, doch war es nach den einleitenden Worten der Verfasserin nicht wirklich zu erwarten, dass in dem politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklungsland Brandenburg-Preußen am 12. Juli 1700 eine Sozietät der Wissenschaften gegründet wurde.

 

Die Verfasserin gliedert ihre gediegene Untersuchung nach einer zum Untersuchungsgegenstand und zum methodischen Konzept hinführenden, Forschungsstand und Quellen darlegenden Einleitung in drei Teile. Dabei schildert sie zunächst die Rahmenbedingen in der Form des Aufstiegs Brandenburg-Preußens im 17. Jahrhundert, der Entwicklung Berlins bis zu dieser Zeit und der Symbiose von Staat und Wissenschaft in der europäischen Akademiebewegung, stellt dann die Interessen der Dynastie, der Stadt und der Gelehrten (darunter Johann Gebhard Rabener, Johann Jacob Chuno und vor allem Gottfried Wilhelm Leibniz) dar und verfolgt schließlich Anspruch und Wirklichkeit in den ersten Jahren der Akademie. Am Ende fasst sie ihre neuen Erkenntnisse zusammen und legt im Anhang ihre ungedruckten und gedruckten Quellen sowie die verwendete Literatur offen.

 

Im Ergebnis kann sie die Gründung der Sozietät ansprechend auf eine einzigartige günstige historische Situation zurückführen, doch muss sie auch darauf hinweisen, dass ein rasch entstehendes Spannungsfeld von Erwartungen die Akademie zu einer zunächst ungenutzten Chance werden ließ. Erst Gottfried Wilhelm Leibniz vermochte in Berlin das Konzept einer wissenschaftlichen Akademie zu verwirklichen. Im Ergebnis gelang auf dieser Grundlage im 18. Jahrhundert, begünstigt durch die Herrschaft Friedrichs des Großen ein Aufstieg eines Trägers moderner Wissenschaft mit letztlich überregionaler Bedeutung und Vorbildcharakter für ähnliche Einrichtungen in anderen Teilen Europas.

 

Innsbruck                                                                    Gerhard Köbler