Integration und Desintegration der Kulturen im europäischen Mittelalter, hg. v. Borgolte, Michael/Dücker, Julia/Müllerburg, Marcel/Schneidmüller, Bernd (= Europa im Mittelalter 18). Oldenbourg, München 2011. 635 S., 65 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Europa ist im Mittelalter von einer Vielzahl kultureller Erscheinungen geprägt, die in Raum und Zeit sowohl unterschiedliche wie auch einheitliche Züge haben können. Deswegen konnte sich die Deutsche Forschungsgemeinschaft auch mit überzeugenden Gründen für ein entsprechendes geschichtswissenschaftliches Schwerpunktprogramm entscheiden. Die Ergebnisse der ersten Laufzeithälfte wurden von zwei Herausgebern mit zwei anderen Herausgeben im Jahre 2008 unter dem Titel Mittelalter im Labor - Die Mediävistik testet neue Wege zu einer transkulturellen Europawissenschaft veröffentlicht, die Resultate der zweiten Laufzeithälfte von 2008 bis 2011 präsentiert der vorliegende Band der Allgemeinheit.

 

Sie gliedern sich außer in eine Einleitung und ein Statt einer Zusammenfassung in drei Teile. Diese betreffen Formen der Grenzziehung - Konstruktionen von Identität, Differenz als kulturelle Praxis und Grenzüberschreitung als kreativen Prozess. Jeder Abschnitt vereint grundsätzlich mehrere Bearbeiter.

 

Einzelgegenstände sind dabei Prozesse christlicher Selbstvergewisserung im Kontakt mit anderen Religionen auf der iberischen Halbinsel, in Ägypten oder in Augsburg, Funktionen kultureller Rückbindung von Alfred dem Großen zu den Osmanen oder textuelle Konstruktionen des Anderen in Europa. Im Ergebnis der Begegnung vor allem von Christen, Juden und Muslimen zeigen sich sowohl Mühen der Gebirge als Erfahrungen mit der transkulturellen Theorie wie auch Mühen der Ebenen in Gestalt von Erfahrungen mit der transdisziplinären Praxis. Ein Register von Abbasiden bis Zypern schließt die vielfältigen Erkenntnisse der 26 beteiligten Forscher hilfreich auf, 21 Tafeln veranschaulichen sie im Rahmen des bildlich Möglichen, so dass jedermann die große Bedeutung von Integration und Desintegration der Kulturen im europäischen Mittelalter mit Hilfe des gewichtigen Werkes besser verstehen und nachvollziehen kann.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler