Herzer, Martin, Auslandskorrespondenten und auswärtige Politik im Dritten Reich. Böhlau, Köln 2012. 306 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die meisten Menschen wollen mehr scheinen, als sie wirklich sind. Die von Menschen gelenkten Staaten eifern ihnen in diesem Bemühen naheliegenderweise nach. Deswegen wollen die meisten Staaten die jeweils anderen Staaten besser kennen, als diese sich selbst darstellen, und gleichzeitig sich selbst besser darstellen, als sie wirklich sind.

 

In diesem Zusammenhang ist die Einrichtung des Auslandskorrespondenten entstanden. Auch das von Adolf Hitler geführte Deutsche Reich wollte sich nicht vollständig aus der Völkergemeinschaft ausschließen und ließ daher die über es in das Ausland berichtenden Korrespondenten anderer Staaten im Inland zu, wollte aber deren Ergebnisse sowohl überwachen wie auch mitgestalten. Mit diesem interessanten Politikbereich befasst sich die vorliegende Untersuchung des in einem Studium der Publizistik, Politikwissenschaft und Betriebslehre an der Universität Mainz ausgebildeten Verfassers. Sie beruht auf einer 2011 angefertigten Magisterarbeit und schließt eine bisher bestehende wissenschaftliche Lücke.

 

Auf der Grundlage von Akten und autobiographischen Zeugnissen zeichnet der Verfasser die ambivalente Situation nach. Dabei schildert er vor allem die verschiedenen Mittel, mit denen die mehreren zuständigen Stellen auf die Berichterstattung im Ausland Einfluss zu nehmen versuchten (gezielte Informationsvergabe, Einbestellung, Demarche, Nichtverlängerung der Aufenthaltsgenehmigung, Ausweisung). Insgesamt kommt er zu dem ansprechenden Ergebnis, dass der Versuch der Verbesserung der Außendarstellung des Deutschen Reiches im Ausland nicht wirklich erfolgreich war, weil sich die Korrespondenten nur begrenzt beeinflussen ließen und die Empfänger ihrer Nachrichten sich dem Einfluss der nationalsozialistischen Politik ziemlich folgenlos vollständig entziehen konnten, wenn sie dies wollten.

 

Innsbruck                                                        Gerhard Köbler