Geschichtsschreibung als herrschaftskritische Aufgabe.
Beiträge zur ArbeiterInnenbewegung, Justizgeschichte und österreichischen
Geschichte im 20. Jahrhundert. Festschrift für Hans Hautmann zum 70.
Geburtstag, hg. v. Kuretsidis-Haider, Claudia/Mugrauer, Manfred.
StudienVerlag, Innsbruck 2013. 349 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Geschichtsschreibung ist in einer freiheitlichen
Gesellschaft sicher aus vielen verschiedenen Gründen möglich. Zu ihnen zählt,
weil der Mensch wohl seit seinen Anfängen ein gewisses Interesse an der
Herrschaft über andere Menschen gehabt und in den unterschiedlichsten Formen
auch tatsächlich verwirklicht hat, auch die Herrschaftskritik. Unter diesem
bedeutenden Gesichtspunkt haben sich zwanzig Autorinnen und Autoren
zusammengefunden, um Hans Hautmann zum 70. Geburtstag zu ehren und die von ihm
bisher erbrachte wissenschaftliche Leistung sachkundig zu würdigen.
Der in Wien am 22. August 1943 in einer kommunistischen
Arbeiterfamilie geborene Jubilar wurde nach der Matura (1963) und dem Studium
zunächst der Rechtswissenschaft und dann der Geschichte und Germanistik an der
Universität Wien 1968 mit der Dissertation über die Anfänge der linksradikalen
Bewegung und der Kommunistischen Partei Deutschösterreichs bei Ludwig Jedlicka
und Erich Zöllner zum Dr. phil. promoviert. Auf Empfehlung Jedlickas wurde er
1969 Mitarbeiter Karl R. Stadlers an der Lehrkanzel für neuere Geschichte und
Zeitgeschichte der damaligen Hochschule Linz und im Juni 1982 auf Grund der
Schrift Geschichte der Rätebewegung in Österreich 1918-1924 habilitiert. 1997
erhielt er den Titel eines außerordentlichen Universitätsprofessors und trat im
August 2005 in den Ruhestand.
Die Beiträge der Festschrift entsprechen den vielfältigen
Interessen des im Vorwort als einer der wenigen marxistischen Historiker auf
akademischen Boden in Österreich beschriebenen Jubilars. Sie befassen sich etwa
mit der gewerblichen Arbeiterschaft in der Frühindustrialisierung, mit dem
Imperialisten Franz Conrad von Hötzendorf, mit der russischen Revolution in der
Wiener jüdischen Presse, mit der nationalsozialistischen Machtergreifung, mit
dem Mega-Stadion in Linz, mit dem Rassenmord, mit der Historiographie der KPÖ
über ihre eigene Geschichte, mit der Ahndung von NS-Gewaltverbrechen, mit
Wolfgang Abendroth, mit dem ersten österreichischen Ostermarsch oder mit der EU
auf dem Weg ins 4. Reich (?). Ein Verzeichnis der zahlreichen
Veröffentlichungen des Jubilars rundet den auf ein Sachregister verzichtenden
Band vorteilhaft ab.
Innsbruck Gerhard Köbler