Gemeinsinn und Gemeinwohl in der römischen Antike, hg. v. Jehne, Martin/Lundgreen, Christoph. Steiner, Stuttgart 2013. 220 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Gemeinsinn und Gemeinwohl als Gegensatz zu dem natürlichen Eigensinn und überlebensnotwendigen Egoismus des Menschen sind als auf das allgemeine Wohl einer menschlichen Gesellschaft ausgerichtete Vorstellung insbesondere im Wohlfahrtsstaat oder Polizeistaat von erheblicher Bedeutung. Will der Liberalismus sie in erster Linie als zwanglose Folge eigennütziges Handeln aller erreichen, so sehen sie andere Strömungen nur bei freiwilligem Verzicht auf Freiheit oder zwangsweiser Einschränkung der Freiheit erreichbar. Von daher sind auch ihre gedanklichen Anfänge von besonderem Interesse.

 

Der vorliegende Sammelband beruht auf dem Projekt Die Investition eigener Ressourcen in die Gemeinschaft von der mittleren Republik bis in die hohe Kaiserzeit am Sonderforschungsbereich 804 Transzendenz und Gemeinsinn der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Den dortigen Erkenntnissen ist ein Ausblick auf mögliche Kontinuitäten von sensus communis zu common sense angefügt. Veranschaulicht wird das wissenschaftliche Anliegen mit einer Abbildung des Aquädukts von Segovia.

 

Insgesamt enthält das Werk nach einer einführenden Einleitung der Herausgeber sieben in drei Abschnitte über Rom, Italien und die Provinzen sowie Konzepte zwischen Konstruktion und Rezeption eingebundene Beiträge. Dabei betrachtet Martin Jehne den römischen Senat als Hüter des Gemeinsinns, untersucht Fabian Knopf die politische Rhetorik Ciceros sowie die Geschichtswerke Sallusts, während sich Konrad Petzold, Stefan Fraß und Daniel Pauling verschiedenen Facetten des Euergetismus in Italien und den Provinzen widmen. Im Mittelpunkt des mit einem Quellenregister, einem Personenregister, einem kurzen Ortsregister von Afrika bis Urso und einem Sachregister von Ämter über salus publica bzw. salus communis bis Zwölftafelgesetz bereicherten schmalen Bandes stehen dabei die versuchten Appelle an den Gemeinsinn in der Gesellschaft einerseits und die Abwertung des Mangels an Gemeinsinn des jeweiligen politischen Gegners andererseits.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler