Galler, Christopher Manuel, Die Spinnhütte Celle im Nationalsozialismus. Arbeit und Rüstungswirtschaft in einem Musterbetrieb von 1934 bis 1945 (= Kleine Schriften zur Celler Stadtgeschichte 14). Verlag für Regionalgeschichte, Gütersloh 2012. 148 S. 57 sw. Abb. 1 farb. Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Als Adolf Hitler am 30. 1. 1933 vom Reichspräsidenten des Deutschen Reiches zum Reichskanzler ernannt wurde, hatte er zwar ein Geflecht von Vorstellungen hinsichtlich der von ihm angestrebten Veränderungen in vielen Bereichen, er fand aber doch eine umfassende Wirklichkeit vor, die sich nicht mit einem einzigen Wort vollständig umgestalten ließ. Also musste er sich des vorhandenen Instrumentariums bedienen, um seine Ziele zu erreichen und damit seine Wähler zufrieden zu stellen. Zwar lassen sich alle dabei im Einzelnen eingeschlagenen Wege nicht mehr vollständig nachverfolgen, doch sind beispielhafte Einzelstudien möglich und aufschlussreich.

 

Der Verfasser hat dies in seiner von Karl-Heinz Schneider und Karl-Heinz Ziessow betreuten, im Mai 2012 am Historischen Seminar der Universität Hannover eingereichten Masterarbeit unternommen, die in leicht überarbeiteter Fassung im Druck veröffentlicht werden konnte. Sie gliedert sich nach einer Einleitung und einer Beschreibung von Forschungsstand und Quellenlage im Wesentlichen chronologisch. Ausgehend von den Anfängen des Seidenbaus in Celle verfolgt der Verfasser den Weg der Spinnhütte zum staatlichen Rüstungsbetrieb, untersucht den Einfluss des Nationalsozialismus auf das betriebliche Leben, schildert die Entwicklung in der Kriegsphase, behandelt die Entnazifizierung und gibt am Ende noch einen Ausblick auf die Zeit nach 1945.

 

Besondere Bedeutung erlangte die unter schwierigen Umständen (30. Mai 1928 Seidenwerk Spinnhütte e. GmhH als Genossenschaft in Hannover) gegründete Spinnhütte Celle dadurch, dass sie der wichtigste deutsche Hersteller für Fallschirmseide wurde. Die in sie gesetzten Hoffnungen erfüllte sie unter Generaldirektor Wilhelm Wilke in kurzer Zeit so umfassend, dass sie als nationalsozialistischer Musterbetrieb (1941) und als Kriegsmusterbetrieb (1943) ausdrückliche Anerkennung erhielt. Insgesamt gelingt dem Verfasser an diesem Beispiel unter Auswertung der vorhandenen archivalischen Quellen auf überschaubarem Raum eine ansprechende Behandlung allgemeinerer Fragen.

 

Innsbruck                                            Gerhard Köbler