Fuhrer, Armin/Haß, Norman, Eine Freundschaft für Europa. Der lange Weg zum Élysée-Vertrag. Olzog, München 2013. 320 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Vermutlich waren Romanen, Kelten und Germanen als Abkömmlinge der Indogermanen einst Brüder, auch wenn sie auf ihren Wanderungen nach Europa unterschiedliche Vorbevölkerungen in sich aufnahmen. Danach aber unterwarf der römische Cäsar die Kelten und brachte ihnen seine Sprache, sein Recht und vieles andere mehr. Als die Kraft der Römer aus nicht wirklich bekannten Gründen nachließ, eroberten die Franken das romanische Gallien und beherrschen den Westen und die Mitte  Europas in einem zunächst einheitlichen Reich, das wegen seiner Größe und wohl auch seiner Zweisprachigkeit bald nach dem Tode Karls des Großen in Deutschland und Frankreich zerfiel.

 

Danach wurden die früheren Brüder allmählich zu erbitterten Feinden. In vielen Kriegen rangen sie um Herrschaft und Land und schufen damit vielfachen Tod und endlose Not. Dabei hätte schon die Aufklärung zu der Einsicht führen müssen, dass der Friede dem menschlichen Glück besser dient als jeder noch so bedeutende Sieg mit militärischen Mitteln, der immer mit der Niederlage des jeweils anderen Gegners verbunden ist.

 

In dieser Erkenntnis schlossen sich Deutschland, Frankreich, Italien, die Niederlande, Belgien und Luxemburg zwecks Verhinderung weiterer kriegerischer Auseinandersetzungen nach dem zweiten Weltkrieg zur Montanunion, zur europäischen Atomgemeinschaft und zur europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zusammen und in diesem Geist kam es am 22. Januar 1963 auch zu dem von Konrad Adenauer und Charles de Gaulle unterzeichneten Èlysee-Vertrag. De beiden 1963 bzw. 1977 geborenen, geisteswissenschaftlich ausgebildeten, vielseitig interessierten Verfasser zeichnen das Werden dieser späten Freundschaft fünfzig Jahre nach ihrer Besiegelung in zehn Kapiteln gut lesbar nach. Über den Briand-Plan zwischen den beiden Weltkriegen, französische und deutsche Pläne zur Aussöhnung während des zweiten Weltkriegs, die französische Deutschlandpolitik zwischen 1944 und 1949, den Schuman.Plan, die Krise der europäischen Verteidigungsgemeinschaft, den Streitgegenstand Saarland und manches andere verfolgen sie überzeugend den Vorgang der öffentlichen Versöhnung, an dessen Ende sie einen zu pflegenden Rosengarten sehen, der außer bezaubernden Blüten freilich auch Dornen in sich birgt, deren Gewicht trotz vertraulichen Duzens für die Zukunft nicht sicher abgeschätzt werden kann.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler