Frank, Niklas, Bruder Norman! „Mein Vater war ein Naziverbrecher, aber ich liebe ihn.“ Dietz, Bonn 2013. 316 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Hans Michael Frank wurde in Karlsruhe am 23. Mai 1900 als Sohn eines Rechtsanwalts geboren, wurde nach dem Abitur am Maximiliansgymnasium München zur Infanterie (ohne Fronteinsatz) eingezogen und schloss sich nach dem Ende des ersten Weltkriegs zunächst dem Freikorps Epp und nach der Bekanntschaft mit Anton Drexler in der Thulegesellschaft bereits 1919 dessen Deutscher Arbeiterpartei an, der Adolf Hitler als Mitglied Nr. 55 am 19. Oktober 1919 beitrat. Nach Abschluss seines Studiums der Rechtswissenschaft und Wirtschaftswissenschaft in München, Kiel und Wien wurde er im September 1923 Mitglied der SA, im Oktober 1923 Mitglied der NSDAP und beteiligte sich in München am 9. November 1923 am erfolglosen Putschversuch Adolf Hitlers. Nach Einstellung des deswegen gegen ihn gerichteten Strafverfahrens wurde er 1924 bei Walter Jellinek in Kiel mit einer Untersuchung über die öffentliche juristische Person promoviert und nach Abschluss seiner praktischen Ausbildung 1926 Rechtsanwalt in der Kanzlei seines Vaters in München.

 

1928 gründete er den Nationalsozialistischen Deutschen Juristenbund und vertrat binnen weniger Jahre nationalsozialistische Interessen in fast 2500 Verfahren, darunter auch Verfahren gegen Adolf Hitler. Nach Erringung eines Abgeordnetenmandats des Reichstags (1930) wurde er im März 1933 Justizminister Bayerns, am 25. April 1933 Reichskommissar für die Gleichschaltung der Justiz und für die Erneuerung der Rechtsordnung, 1934 Reichsminister ohne Geschäftsbereich und am Ende des Monats September 1939 Leiter der Zivilverwaltung im besetzten Polen mit politischer Verantwortung für die Vernichtung zahlloser Menschen in Vernichtungslagern wie Treblinka, Majdanek oder Sobibor und deswegen in der Nacht zum 16. Oktober 1946 in Nürnberg in der Gefängnisturnhalle am Galgen gehängt. Aus seiner 1925 geschlossenen Ehe gingen fünf Kinder hervor (Sigrid 1927, Norman 1928, Brigitte 1935, Michael 1937 und Niklas 1939).

 

Der nach dem Studium von Germanistik, Soziologie und Geschichte als Journalist tätige Verfasser veröffentlichte 1987 eine Abrechnung mit seinem Vater, in der er nach langen Recherchen dessen Verbrechen dokumentierte.. Dem folgte 2005 ein ähnlicher Band über die als „Königin von Polen“ wirkende Mutter. Im vorliegenden Werk setzt er sich intensiv und schonungslos mit seinem dem Alkoholismus verfallenen, am 31. März 2009 verstorbenen Lieblingsbruder Norman auseinander, der den Vater liebt und verteidigt, während der Verfasser ihn nur verachtet.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler