Fenske, Hans, Der Anfang vom Ende des alten Europa. Die alliierte Verweigerung von Friedensgesprächen 1914-1919. OLZOG, München 2013. 144 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Menschen haben ihre individuellen Vorstellungen wahrscheinlich bereits in frühester Zeit auch mit dem Mittel der Gewalt durchzusetzen versucht, woraus sich im Laufe der Geschichte unter Anderem der Krieg entwickelt hat. Wenn sich an seinem Ende die Machtverhältnisse geklärt hatten, konnten neue Formen von Beziehungen aufgebaut werden, die unterschiedlicher Art sein und von Vernichtung oder Versklavung bis zu Vereinbarung und zumindest formaler Freundschaft reichen konnten. Von wesentlicher Bedeutung war dafür jeweils das Verhalten des Siegers gegenüber dem Besiegten.

 

Für das Ende des ersten Weltkriegs hat sich mit dieser Frage in der vorliegenden Untersuchung der 1936 geborene, von 1977 bis 2001 in Freiburg im Breisgau für neue und neueste Geschichte tätige Hans Fenske befasst. Sein wissenschaftlicher Anfang betrifft den Konservatismus und Rechtsradikalismus in Bayern nach 1918, den er in seiner Freiburger geschichtswissenschaftlichen Dissertation analysierte. Von hier aus ist er in zahlreichen späteren Veröffentlichen zeitlich wie örtlich zu weiten Grenzen aufgebrochen.

 

Von dort kehrt er in dem vorliegenden schmalen Band zu der besonderen Frage zurück, welche Auswirkungen das Verhalten der alliierten Siegermächte im Laufe und am Ende des ersten Weltkriegs auf das weitere politische Geschehen in Deutschland hatte. Zu ihr nimmt er in 16 kurzen Einzelabschnitten über Kriegsschuld, Kriegsziele, Kriegsjahre, Friedensbestrebungen und Friedensverträge detailliert und selbständig Stellung. Dabei gelangt er zusammenfassend zu der Erkenntnis, dass die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei ihren Aufstieg von der kleinen rechten Randpartei noch zu Beginn des Jahres 1929 zur späteren Massenbewegung vor allem ihrer unermüdlichen Instrumentalisierung des Versailler Vertrags und den damit verbundenen Reparationsverpflichtungen verdankte, so dass ohne alliierte Verweigerung von Friedensgesprächen zwischen 1914 und 1919 der Anfang vom Ende des alten Europa zumindest in dieser Form nicht eingetreten wäre.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler