Die Pfarrei im späten Mittelalter, hg. v. Bünz, Enno/Fouquet, Gerhard (= Vorträge und Forschungen 77). Thorbecke, Ostfildern 2013. 439 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Bis zum späten Mittelalter hatte sich das Christentum als Religion in den meisten Teilen Europas durchgesetzt und die Zeit der Aufspaltung in Konfessionen hatte noch nicht wirklich begonnen. Die Kirche hatte sich den Möglichkeiten entsprechend gut organisiert und eine feste organisatorische Gliederung eingerichtet. In ihr bildete die Pfarrei den wohl wichtigsten Grundbaustein.

 

Mit ihm befassten sich die Mitglieder des Konstanzer Arbeitskreises für mittelalterliche Geschichte und weitere geladene Fachleute auf der Insel Reichenau vom 31. März bis 3. April 2009. Vier Jahre danach legt der staatliche Sammelband die erweiterten Ergebnisse der Tagung in traditionell gelungener Form und abgerundet durch Untersuchungen Felicitas Schmieders  und Andreas Odenthals vor. Insgesamt folgen dabei dem kurzen Vorwort 13 Studien, wobei Enno Bünz zu Beginn in die Thematik einführt und am Ende eine überzeugende Zusammenfassung versucht.

 

Behandelt werden dabei zunächst die Pfarrei im Wandel vom Frühmittelalter zum Hochmittelalter, die Pfarrei im Normengefüge der Kirche, die Pfarrei im Blickfeld der Obrigkeit (Bischöfe, Landesherren, Städte) und die Pfarrei in der deutschen städtischen Kirchenlandschaft. Danach werden liturgiewissenschaftlich Gottesdienst, quellenkundlich Pfarrbücher, interdisziplinär Taufe, politisch Architektur und gesellschaftlich (abgesichert durch einen Anhang) Stiftungswesen und polyfunktional-kommunal die Dorfkirchhöfe in Westfalen vertiefend besonders herausgegriffen. Der Gesamtheit der Kirchengemeinde im Spätmittelalter widmet sich zusammenfassend schließlich Arnd Reitemeier, so dass der Band in seinen vielfältigen Perspektiven insgesamt zahlreiche neue, dem interessierten Leser durch ein Ortsregister und ein Personenregister erschlossene Erkenntnisse über die Pfarrei als einen wichtigen Begegnungsort zwischen Kirche und weltlichem Alltagsleben im Sinne eines tragenden und belastbaren Strukturelements bietet.

 

Innsbruck                                                        Gerhard Köbler