Die DDR im Blick der Stasi 1953. Die geheimen Berichte an die SED-Führung, bearb. v. Engelmann, Roger. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2013. 320 S. CD-ROM.

 

Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zu Besserung, lautet eine alte Weisheit, die sich jedermann für seine Absichten zu Nutze machen kann. In diesem Sinne begann nach dem kurzen Vorwort Daniela Münkels als der im Auftrag des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU) tätigen Herausgeberin des vorliegenden, von einem Forschungsprojektleiter in der Abteilung Bildung und Forschung des BStU bearbeiteten Bandes die regelmäßige Berichterstattung der Zentralen Auswertungs- und Informationsgruppe des Ministeriums für Staatssicherheit bzw. ihrer Vorläufer an die Parteiführung bzw. Staatsführung der Deutschen Demokratischen Republik. Die als Folge des Volksaufstands vom Juni 1953 zu verstehenden Unterlagen setzen mit dem 17. Juni 1953 und währen bis Dezember 1989, also 36 Jahre (oder an anderer Stelle fast 37 Jahre) lang in unterschiedlichen Formen.

 

Die wichtige Edition des ersten Bandes beginnt mit einer ausführlichen Einleitung, in der zunächst der zeitgeschichtliche Intergrund geschildert wird, der mit dem harten politischen Kurs seit dem Sommer 1952 einsetzt. Ausgewählte Themenfelder der anschließenden Berichte sind der Volksaufstand, die allgemeine Stimmungslage, die Arbeiterschaft zwischen Aufbegehren und Anpassung, Konflikte in der Landwirtschaft, Versorgungsprobleme, Rückkehrer und so genannte Feindtätigkeit. Insgesamt lassen die Berichte die geschichtliche Wirklichkeit eindrucksvoll anschaulich werden, mit der sich die sozialistische Führung im Kampf um die Verwirklichung ihrer politischen Zielsetzung (ohne Rücksicht auf den wahren Willen der beherrschten Bevölkerung) auseinandersetzen musste.

 

Die Edition gibt die geheimen Berichte mit Ausnahme der Auslandsberichte vollständig in digitalisierter Form und in Auswahl im Druck wieder. Der Druck beginnt mit der Meldung Nr. 1/53 vom 17. Juni 1953 bis 19.30 Uhr (Der am gestrigen Tage ausgebrochene Streik auf den Baustellen des demokratischen Sektors in Groß-Berlin hält weiter an) und endet mit Nr. 2055/53 vom 24. 12. 1953, wonach einige Westberliner Zeitungsreporter die Ansicht vertraten, dass die Amerikaner die EVG so oder so verwirklichen werden und ein danach geschlossener Friedensvertrag zwischen der Sowjetunion und der Deutschen Demokratischen Republik zur Eingliederung Westberlins in die DDR führen werde. Angesichts der beigegebenen CD-ROM bietet die Druckausgabe der vielschichtigen interessanten Quellen nur eine Gesamtübersicht der Dokumente auf fünf Seiten und verzichtet auf detaillierte Register.

 

Innsbruck                                                        Gerhard Köbler