Das Emanzipationsedikt von 1812 in Preußen. Der lange Weg der Juden zu „Einländern“ und preußischen Staatsbürgern“, hg. v. Diekmann, Irene A. (= Europäisch-jüdische Studien Beiträge Band 15). De Gruyter, Berlin 2013. VII, 382 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Am 11. März 2012 jährte sich der Erlass, betreffend die bürgerlichen Verhältnisse der Juden in dem preußischen Staate zum 200. Male. Dies war für das Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien der Anlass, dieses Thema zum Gegenstand einer besonderen wissenschaftlichen Tagung zu machen. Die dortigen Referate stellt der gelungene Sammelband nunmehr der Öffentlichkeit zur Verfügung.

 

Nach dem kurzen Vorwort der nach dem Studium der Geschichte und Germanistik an der Pädagogischen Hochschule Potsdam seit 2006 als stellvertretende Direktorin des Moses Mendelssohn Zentrums für europäisch-jüdische Studien tätigen Verfasserin steht im Vordergrund der Überlegungen die Frage der Bedeutung und Tragweite des Gesetzes. Da sie sich nicht ganz einfach beantworten lässt, wurden insgesamt drei Themenbereiche unterschieden. Sie betreffen nach einer Einführung Julius H. Schoeps’ über den Weg von der Untertanenloyalität zum Bürgerpatriotismus in Preußen die Diskussionen im Vorfeld des Edikts in den 1780er Jahren, die möglichen Vorbilder in Frankreich und in anderen deutschen Staaten und die Auswirkungen der Bestimmungen des Edikts auf die Lage der Juden in Preußen.

 

Dabei behandelt etwa Marion Schulte den Weg des Edikts von den ersten Reformvorschlägen der Jahre 1789/1792 bis zur Endredaktion oder Daniel Gerson die französische Regel, dass den Juden als Nation alles zu verweigern und als Individuen alles zu gewähren sei. J. Friedrich Battenberg vergleicht die preußische Entwicklung mit der Emanzipation der Juden in den hessischen Ländern, Michael Szulc die bürokratische Praxis in Westpreußen bis zur Jahrhundertmitte. Auf die Auswirkungen hinsichtlich der Namensannahme, der Erlangung akademischer Lehrämter und der Einbeziehung in das Militär gehen Dietz Bering, Werner Treß und Christine G. Krüger vertieft ein.

 

Zwei Einzelstudien zu der sich 1911 selbst tötenden Gräfin Helene von Racowitza und zu Ludwig von Lesser (1802-1867) sowie ein Blick auf die deutsch-jüdische Historiographie zwischen Vormärz und Nachkriegszeit beschließen das informative Werk. Der Anhang bietet benutzerfreundlich die 39 Paragraphen des Erlasses. Ein Personenregister von Abbé Grégoires bis Leopold Zunz rundet das Theorie und Praxis verknüpfende, eine für die Emanzipation der Juden wichtige Rechtsquelle weiterführend erörternde Werk hilfreich ab.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler