Corpus Iuris Civilis V, Digesten 28-34, hg. v. Knütel, Rolf/Kupisch, Berthold/Rüfner, Thomas u. a. C. F. Müller, Heidelberg 2012. 704 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

In Pleasantville bei New York gründeten Lila Acheson Wallace und DeWitt Wallace 1922 Reader’s Digest als eine Artikel anderer Zeitschriften sowie Buchauszüge und Bücher teilweise in gekürzter Form veröffentlichende Zeitschrift, die in gewandelter Form etwa neunzig Jahre später weltweit mit 16 Millionen Exemplaren rund 70 Millionen Leser erreicht. Damit griffen die Unternehmer einen Werktitel auf, der in der römischen Antike etwa bereits bei den Rechtskundigen Celsus, Iulianus, Marcellus oder Scaevola (2. Jh. n. Chr.) bezeugt ist. Überragende Bedeutung für das Recht erlangte er durch die zwischen 530 und 533 von dem oströmischen Kaiser Justinian veranlassten Digesten der Werke der vorangegangenen römischen iurisprudentes, die mit diesem Namen zum 16. bzw. 30. Dezember 533 zum Gesetz erhoben wurden.

 

In seinen 9142 bzw. 9950 Fragmenten aus mehr als 200 Werken (von insgesamt fast 2000 zu dieser Zeit noch vorhandenen rechtlichen Schriften) ist das Wissen der wichtigsten römischen Rechtskundigen aufgenommen. In ziemlich schmaler Überlieferung konnte das Altertum diesen Schatz an das Mittelalter weiterreichen. Von Bologna aus wurden seit dem 12. Jahrhundert die justinianischen Digesten zusammen mit Codex, Institutionen und späteren Novellen die wichtigste Grundlage für das weltweite Studium des römischen Rechtes bis in die Gegenwart.

 

In nicht leichtem Latein verfasst ist diese hervorragende Grundlage mit der allgemeinen Gefährdung des lateinischen Unterrichts in den modernen, dem Angloamerikanischen zuneigenden Schulen umfassend von Vergessenheit und Unverständnis bedroht. Deswegen haben führende Romanisten seit rund 25 Jahren den Versuch unternommen, dieses großartige Erbe durch die Übersetzung in das Neuhochdeutsche wenigstens für den deutschen Sprachraum zu sichern. Den seit 1995 vorgelegten Bänden der Digesten 1-10, 11-20 (1999) und 21-27 (2005) folgt nun verdienstvollerweise die deutsche Wiedergabe der Bücher 28-34, welche durch einen leicht verjüngten Bearbeiterkreis vor allem die Feinheiten des komplizierten Erbrechts der Römer für jeden Interessierten zum Sprechen bringt.

 

Innsbruck                                                        Gerhard Köbler