Conze, Eckart, Das Auswärtige Amt. Vom Kaiserreich bis zur Gegenwart (= Beck’sche Reihe 2744). Beck, München 2013. 143 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

 

Während der meisten Jahre des 19. Jahrhunderts entsprach zwar ein starkes deutsches Reich den geheimen Sehnsüchten vieler Deutscher, aber nicht dem Kalkül der herrschenden Monarchen, die ihre Souveränität auch auf notfalls kleinem Raum wahren wollten. Dass es dann unter Führung Otto von Bismarcks im Gefolge des deutsch-französischen Krieges wegen der Thronfolge in Spanien doch zu einem zweiten Deutschen Reich kam, war nicht lange vorhersehbar. Erst 1870 sah der Norddeutsche Bund und im Jahre darauf das neue Deutsche Reich eine Notwendigkeit zur Errichtung eines Außenministeriums, dem sie den noch in der Gegenwart geführten Namen gaben.

 

Der in Coburg 1963 geborene Verfasser der schmalen Übersicht über die seitherige Geschichte war nach dem Studium von Geschichte, Politikwissenschaft und öffentlichen Recht in Erlangen, Bonn, Köln und an der London School of Economics zunächst wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Stiftung Wissenschaft und Politik und wurde in Erlangen 1993 bei Michael Stürmer über deutsch-französische Beziehungen in der amerikanischen Europapolitik promoviert. Nach seinem 1993 erfolgten Wechsel nach Tübingen wurde er auf Grund einer fragenden Schrift über den Adel im Niedergang am Beispiel der Grafen von Bernstorff habilitiert. Nach seiner 2003 erfolgten Berufung für neuere und neueste Geschichte an die Universität Marburg wurde er 2005 in die von dem seinerzeitigen Bundesaußenminister Fischer geschaffene Historikerkommission - Auswärtiges Amt aufgenommen, welche die Geschichte des Amtes während der nationalsozialistischen Herrschaft und den späteren Umgang damit untersuchen sollte und 2010 ihr vielseitiges Ergebnis unter dem Titel Das Amt und die Vergangenheit vorlegte.

 

In Zusammenhang mit dieser Aufgabe lag es nahe, sich auch mit der Geschichte vor und nach der eigentlichen Untersuchungszeit zu befassen. Nach seinen präzise formulierten Erkenntnissen wurde die ständig nach Anerkennung strebende, zunächst eher kleine Behörde 1920 demokratisiert, hatte aber unter dem von Adolf Hitler übernommenen und bis 1938 amtierenden Konstantin Freiherr von Neurath ohne umfangreichen Widerstand von 1933 an Anteil an der nationalsozialistischen Politik. Trotz mancher personeller Kontinuitäten in der neuen Bundesrepublik Deutschland unter Konrad Adenauer, hat das Auswärtige Amt der Gegenwart mit dem Auswärtigen Amt des zweiten Deutschen Reiches, dessen einzelne Angehörige im Übrigen ziemlich detailliert biographisch in einem eigenen biographischen Handbuch des auswärtigen Dienstes zwischen 1871 und 1945 erfasst sind, nach dem Autor nur noch wenige Gemeinsamkeiten.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler