Carius, Hendrikje, Recht durch Eigentum. Frauen vor dem Jenaer Hofgericht (1648-1806) (= bibliothek altes reich 12). Oldenbourg, München 2012. 353 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Nach der gleich in der Einleitung von der Verfasserin angesprochenen allgemeinen Ansicht, gilt das frühneuzeitliche Rechtswesen als Paradigma dafür, der gesellschaftlichen Handhabung entsprechend ein für Frauen sozial, rechtlich und ökonomisch ungünstiges Geschlechterverhältnis zu bestätigen, umzusetzen oder zu konstruieren. Dies soll durch die vorliegende Untersuchung vorurteilsfrei überprüft werden. Dafür nimmt die im Vorwort besonders ihrer Tochter Johanna Sophie Luise dankende Autorin einen grundsätzlich neutralen Quellenbestand als überzeugenden Ausgangspunkt ihrer von Siegrid Westphal begleiteten und geförderten, im Rahmen der Nachwuchsgruppe Eigentums- und Besitzrechte von Frauen in der Rechtspraxis des alten Reiches entstandenen, im Herbst 2008 von der Universität Jena angenommenen Dissertation.

 

Ihre Studie gründet sich in erster Linie auf die Akten der Abteilung Weimar der im Hauptstaatsarchiv Weimar aufbewahrten Archivalien des für Sachsen-Weimar bzw. Sachsen-Weimar-Eisenach, Sachsen-Gotha(-Altenburg), Sachsen-Meiningen, Sachsen-Hildburghausen Sachsen-Coburg-Saalfeld und die Herrschaft Arnstadt zuständigen Jenaer Hofgerichts. Erfasst werden insgesamt 1050 Fälle. Davon weisen 275 Verfahren eine Beteiligung von Frauen als Klägerinnen oder Beklagte auf.

 

Gegliedert ist die Arbeit außer in die Einleitung über Eigentum, Frauen und Recht im Forschungskontext, Quellenbasis, Konzept, Vorgehensweise und Untersuchungsmethodik in zwei Abschnitte über Eigentum im Recht der frühen Neuzeit einerseits und Eigentumsrechte in der Rechtspraxis andererseits. Sorgfältig geht die Verfasserin dabei auf den Verhandlungsort einerseits und die Eigentums- und Besitzrechtskonflikte andererseits (Partizipation am Eigentumstransfer über Erbe, Schuldkonflikte, Konflikte um die Durchsetzung konkurrierender Eigentumsrechte im Nachbarrecht) ein. Im Ergebnis kann sie überzeugend feststellen, dass Eigentum stärker als Stand oder Geschlecht die Bedeutung für die Gesellschaft kennzeichnete, so dass mit Eigentum ausgestattete Frauen trotz ihres Geschlechts oder Standes für das Recht der frühen Neuzeit von bisher zu sehr vernachlässigter Bedeutung waren.

 

Innsbruck                                                                                           Gerhard Köbler