Burdumy, Alexander Bruce, Sozialpolitik und Repression in der DDR. Ost-Berlin 1971-1989. Klartext-Verlag, Essen 2013. 365 S., graph. Darst. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Deutsche Demokratische Republik verstand sich als sozialistischer Arbeiter- und Bauernstaat. Im Sinne des Marxismus und der Sowjetunion sollte das Leben in der Gesellschaft in erster Linie sozial geprägt sein. Deshalb wurde unter dem Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker von der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands eine Einheit von Wirtschaftspolitik und Sozialpolitik beschlossen.
Mit diesem Gegenstand befasst sich auf einer breiten Quellengrundlage das vorliegende sachkundige Werk des anscheinend bisher literarisch nicht besonders hervorgetretenen, in den Vereinigten Staaten geborenen Verfassers unter Beschränkung auf den von ihm so genannten Bezirk Berlin (Ost-Berlin). Dabei geht der Autor von der Vorstellung der Fürsorgediktatur aus und prüft umsichtig die Wege, mit deren Hilfe die politisch Verantwortlichen bei den Bürgern den Staat als sozialistisch zu erweisen und damit deren Unterstützung zu gewinnen versuchten. Erfasst werden dabei Familie, Wohnungsbau, Gesundheit und Rente.
Gleichwohl war die Staatsführung in allen diesen Punkten nicht wirklich erfolgreich, weil eine Gewinnung wirklichen Vertrauens nicht gelang. Deswegen musste sich die Deutsche Demokratische Republik bis zuletzt entscheidend auf Repression einschließlich der Abgrenzung gegenüber dem Westen durch eine Grenzmauer stützen. Als dies im Zeichen schwindender Wirtschaftskraft nicht mehr möglich war und die Bürger das Gewicht der Repression im Vergleich zu den sozialistischen Errungenschaften auf breiter Front als bedeutsamer ansahen und demonstrativ dagegen aufbegehrten, schmolzen im Lichte der Politik Michail Gorbatschows und der zeitnahen medialen Berichterstattung auch die vorher systemstabilisierenden Möglichkeiten der Repression wie Schnee in der Sonne dahin.
Innsbruck Gerhard Köbler