Brückner, Martin Lars, Sozialisierung in Deutschland. Verfassungsgeschichtliche Entwicklung und ihre Hintergründe (= Neue Juristische Beiträge 87). Utz, München 2013. XXXVIII, 223 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeinschaftseigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden, bestimmte nach längerem verfassungsrechtlichem Ringen Art. 15 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland am 24. Mai 1949. Damit trug die neue Verfassung des aus den westlichen Besatzungszonen des Deutschen Reiches geschaffenen Staates einer sozialistischen politischen Zielsetzung Rechnung, nachdem es im vorangehenden Artikel im Interesse des liberalen Kapitalismus Eigentum und Erbrecht gewährleistet hatte. Seitdem sind mehr als 60 Jahre vergangen.
Die diese Spannungslage monographisch aufgreifende Arbeit des Verfassers ist die von Wolfgang März betreute, im Sommersemester 2010 der juristischen Fakultät der Universität Rostock vorgelegte Dissertation des Verfassers. Sie gliedert sich außer in Einleitung und Zusammenfassung in vier Abschnitte. Nach Befassung mit der Sozialisierung, dem geschichtlichen und gegenwärtigen Bedeutungszusammenhang, dem Untersuchungsgegenstand, dem Untersuchungszeitraum und den Inhalten und Fragestellungen behandelt der Verfasser die Zeit bis zum Ende des zweiten Weltkriegs (DAP, DDP, DVP, DNCP, Zentrum, USPD, SPD), den Weg des Sozialisierungsgedankens bis zu Art. 15 GG, die Entstehungsgeschichte der Vorschrift und die Zeit nach ihrem Inkrafttreten unter besonderer Berücksichtigung der Literatur und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.
Im Ergebnis seiner sorgfältigen Ermittlungen kann er feststellen, dass jeweils nach dem Ende der beiden Weltkriege mit ihren katastrophalen sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen für Staat und Gesellschaft Sozialisierungsforderungen „ihren Höhepunkt erreichten“. Kurze Zeit danach trat aber jeweils rasch eine Ernüchterung mit Konzentration auf leichter zu erreichende konkrete sozialpolitische Ziele ein. Angesichts der seitdem fortgeschrittenen Globalisierung, die bei sozialistischen Einschränkungen zu einer umgehenden Standortverlagerung der kapitalistisch orientierten Unternehmer führen würde, ist nach einleuchtender Erkenntnis des Verfassers auch in naher Zukunft nicht damit zu rechnen, dass der bisher noch nicht angewandte Art. 15 GG über den Text der Verfassung hinaus praktische Bedeutung erlangen wird.
Innsbruck Gerhard Köbler