Börm, Henning, Westrom. Von Honorius bis Justinian. (= Urban Taschenbuch 735). Kohlhammer, Stuttgart 2013. 240 S.

 

Die Gegenwart weiß zwar, dass sie in der Zukunft Geschichte sein wird, doch kann sie nicht vorhersehen, was im Einzelnen an ihre Stelle treten wird und wie diese Zukunft im Vergleich zu ihr aussehen kann. Von daher ist wahrscheinlich bis gewiss, dass alle menschlichen Einrichtungen irgendwann an ein individuelles Ende gelangen werden, doch wusste die Spätantike nicht, dass ihr das Frühmittelalter folgen wird. Insbesondere konnte der vom Verfasser zu einem Eckpunkt erkorene Honorius, den sein Vater Theodosius I., den Gratian 379 nach Chr. als iunior Augustus im Osten eingesetzt hatte, 393 als Reaktion auf den westlichen Usurpator Eugenius im Alter von 9 Jahren zum Mitkaiser erhoben hatte, nicht im Mindesten ahnen, dass Justinian eines Tages Westrom beenden könnte.

 

Der Autor der neuen historischen Übersicht über diesen Gegenstand wurde nach dem in Kiel 1995 aufgenommenen Studium von Geschichte und Deutsch, in dessen Verlauf er bereits als studentische Hilfskraft wirken durfte, 2003 wissenschaftlicher Mitarbeiter Johannes Hahns in Münster und 2004 in Kiel (Peter Weiß). Nach der Kieler Promotion des Jahres 2006 über Perser und Persisches bei Prokop von Caesarea als dem letzten großen griechischen Geschichtsschreiber wechselte er an die Universität Konstanz, an der sich die Habilitationsschrift mit Staseis in Poleis der nachklassischen Zeit befasst. In loser Verbindung hiermit konzentriert sich das Taschenbuch auf die westliche Hälfte des römischen Weltreichs.

 

Nach einer kurzen Einleitung und einer klaren Übersicht über die beschränkten verfügbaren Quellen schildert der Verfasser in sechs Kapiteln die politische Entwicklung von 284 bis 568 (der römische Westen bis 395, Stilicho, Konsolidierung und Machtkämpfe, im Schatten des Heermeisters, die Agonie des Kaisertums, Erben des Imperiums), bei der man sich angesichts der zahlreichen Beteiligten fragen muss, welche Kräfte eigentlich den Westen überhaupt zusammenhalten konnten. Danach werden in weiteren sechs Kapiteln Kaiser und Hof, Verwaltung, Armee, Wirtschaft und Religion behandelt und wird abschließend ein Ausblick geboten. Eine Zeittafel, ein Glossar, ausgewählte Literatur, ein Verzeichnis vierer Abbildungen und vierer Landkarten, Anmerkungen sowie je ein Personenindex von Aegidius bis Zosimus (mit mehr als 100 Beteiligten) und ein Sachindex von Africa bis Westgoten runden die instruktive Darstellung, die Westrom, dessen Hof Justinian 554 abschafft, letztlich an sich selbst und dem Fehlen einer großen einigenden Kraft scheitern lässt, runden den informativen Band hilfreich ab.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler