Berg, Tatjana, Die Entwicklung des Sorgerechts der Mütter nichtehelicher Kinder in Deutschland vom Inkrafttreten des BGB bis heute (= Beiträge des Fachbereichs 4 2012, 2 Studienarbeit). Hochschule für Wirtschaft und Recht, Berlin 2012. XIII, 69 S. Besprochen von Werner Schubert.

 

Ziel der Arbeit Tatjana Bergs ist es aufzuzeigen, „was sich in mehr als einem Jahrhundert hinsichtlich der elterlichen Gewalt/des Sorgerechts der Mütter der unehelichen bzw. nichtehelichen Kinder geändert hat“ (S. 1). Obwohl mehrere Quelleneditionen und Darstellungen zur Geschichte des Nichtehelichenrechts bereits vorliegen, stellt Berg mit der Konzentrierung der Darstellung auf das Sorgerecht nichtehelicher Mütter einige bisher wenig oder nicht beachtete Aspekte der aufgezeigten Thematik heraus. Berücksichtigt werden das Nichtehelichenrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs von 1900, die Reformentwürfe der Weimarer Zeit und der nationalsozialistisch beherrschten Zeit, die kleine Reform von 1961, das Nichtehelichengesetz von 1969 und die weitere Entwicklung. S. 8 weist Berg darauf hin, dass nach dem BGB a. F. die Möglichkeit bestand, der nichtehelichen Mutter die Vormundschaft zu übertragen (S. 8f., § 1778 Abs. 3 BGB a. F.). Auch die Adoption des nichtehelichen Kindes durch seine Mutter war möglich (S. 10f.). Schon der Nichtehelichenentwurf Radbruchs von 1922 sah vor, dass der nichtehelichen Mutter auf ihren Antrag die elterliche Gewalt über ihr Kind sollte verliehen werden können (gleichzeitige Verleihung an beide Eltern sollte möglich sein; S. 12). Nach dem Gesetz über die religiöse Kindererziehung von 1921 stand der Mutter das Recht auf religiöse Erziehung ihres nichtehelichen Kindes zu (S. 13).

 

Für die NS-Zeit war maßgebend der Nichtehelichengesetz-Entwurf des Reichsjustizministeriums von 1940, nach dem die nichteheliche Mutter ebenfalls das Recht haben sollte, die Verleihung der elterlichen Gewalt zu beantragen (S. 16), eine Regelung, die erst durch das Familienrechtsänderungsgesetz von 1961 tatsächlich geschaffen wurde (S. 21). Hier und auch hinsichtlich des Nichtehelichengesetzes von 1969 berücksichtigt Berg auch die Praxis der Gesetzesänderungen (S. 23ff.; zur Möglichkeit einer Adoption des nichtehelichen Kindes durch seine Mutter S. 26ff.). Nach dem Nichtehelichengesetz von 1969 (hierzu die Quellen bei W. Schubert, die Reform des Nichtehelichenrechts [1961-1969], Paderborn 2003) stand der nichtehelichen Mutter das Sorgerecht, ergänzt durch eine Amtspflegschaft, kraft Gesetzes zu (S. 32). Die Entwicklung in den 80er und 90er Jahren des 20. Jahrhunderts war bestimmt durch Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (1981, 1991; S. 36ff.; Änderung des Nichtehelichenrechts durch das Kindschaftsreformgesetz von 1997; S. 38ff.). Ab 2001 geht es darum, inwieweit ein nichtehelicher Vater auch das Recht zur elterlichen Sorge haben sollte (S. 44 ff.; hierzu jetzt das Gesetz v. 16. 4. 2013 zur Reform der elterlichen Sorge miteinander verheirateter Eltern; BGBl. I 2013, S. 795f.). Die Untersuchung wird abgeschlossen mit einer Übersicht über die Entwicklung des elterlichen Sorgerechts (S. 52 f.) und der Wiedergabe der einschlägigen Entwurfs- und Gesetzestexte (S. 98ff.). Insgesamt liegt mit dem Werk von Berg eine informative Studie über die Entwicklung des Sorgerechts über nichteheliche Kinder vor, eine Problematik, die auch nach Inkrafttreten des genannten Gesetzes von 2013 weiterhin für Kontroversen sorgen dürfte.

 

Kiel

Werner Schubert