Amelsberg, Werner, Die „Samende“ im lübischen Recht. Eine Vermögensgemeinschaft zwischen Eltern und Kindern im spätmittelalterlichen Lübeck (= Quellen und Darstellungen zur hansischen Geschichte 64). Böhlau, Köln 2012. 448 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
In den früheren Zeiten war das Leben der Menschen vor allem auf das eigene Haus konzentriert, weswegen das aus heutiger Sicht Private größere Bedeutung hatte. Dementsprechend zählte zum Kernbereich der deutschen Rechtsgeschichte lange Zeit das besondere deutsche Privatrecht in seinen individuellsten Entfaltungen. Diese im Schwinden begriffene Tradition greift die vorliegende, Hans Hemßens Gemälde vom Gerichtssaal im Lübecker Rathaus von 1625 zur Veranschaulichung verwendende Buch erfreulicherweise wieder auf.
Es beruht auf der von Karin Nehlsen-von Stryk betreuten, während der Assistentenzeit entstandenen, im Sommersemester 2010 von der juristischen Fakultät der Universität Freiburg im Breisgau angenommenen Dissertation des Verfassers. Sie gliedert sich abgesehen von einer Einleitung über Gegenstand, Forschungsstand, Quellen, lübische Ratsgerichtsbarkeit und Gang der Darstellung sowie eine Schlussbetrachtung in zwei Teile. Sie betreffen die Regelung der samende were in den ältesten niederdeutschen Stadtrechten und im revidierten Lübecker Stadtrecht von 1586 auf der einen Seite und die samende in der Spruchtätigkeit des Lübecker Rates auf der anderen Seite.
Die auch Archivalisches einschließende Quellengrundlage der Untersuchung bilden demnach vor allem rund 150 Entscheidungen des Lübecker Rates, die durch 7 Revaler Ratsurteile ergänzt werden. Mit ihrer Hilfe kann der Verfasser sehr konkret und ansprechend die grundsätzlich nur nach der ehelichen Geburt eines gemeinsamen Kindes von Ehegatten entstehende Vermögensgemeinschaft samende zwischen Eltern und Kindern, die vor allem nach dem Tod eines Elters Auswirkungen zeitigte, von der Entstehung bis zur Auflösung verfolgen und darstellen. Dabei kann er zeigen, dass der Rat trotz der möglichen Vielfalt der Gegebenheiten überwiegend die samende als eine sachgerechte lebensnahe Einrichtung zu behandeln und damit sowohl zu wahren wie auch weiterzuführen verstand.
Innsbruck Gerhard Köbler