Zweihundert (200) Jahre ABGB - Ausstrahlungen. Die Bedeutung der Kodifikation für andere Staaten und andere Rechtskulturen, hg. v. Geistlinger, Michael/Harrer, Friedrich/Mosler, Rudolf/Rainer, Johannes M. Manz, Wien 2011. VIII, 290 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Wie die Herausgeber in ihrem kurzen Vorwort mitteilen, wurden sie bei einem Besuch an der Universität Moskau von den Gastgebern auf das damals bevorstehende 200-Jahre-Jubiläum des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs angesprochen, woraus sie schlossen, dass dieses Gesetzbuch nicht nur in Russland Beachtung und Interesse findet. Es lag daher zu Recht nahe, mit Kolleginnen und Kollegen aus Regionen, für die das ABGB zumindest (früher) Bedeutung hatte, Kontakt aufzunehmen. Das Ergebnis ihrer Nachspürungen der Ausstrahlungen des ABGB wurde am 30. Juni 2011 auf der Edmundsburg in Salzburg vorgetragen und noch 2011 publiziert.

 

Mit einiger Verspätung kann auf diesen sehr interessanten Band nur mit wenigen Worten auf Grund einer Ausleihe hingewiesen werden. Er enthält insgesamt 23 Beiträge sachkundiger Autoren aus Brünn, Clui-Napoca, Wien, Trnava, Vilnius, Salzburg, Laibach, Sankt Petersburg, Moskau, Tartu, Latvia, Novi Sad, Ruíjeka, Bihać, Breslau und Lemberg. Damit ist Großösterreich in einem allgemeineren Sinn in weitem Rahmen gut abgesteckt.

 

Am Beginn behandelt Werner Ogris das ABGB innerhalb und außerhalb Österreichs und erörtert dabei neben der Nennung aller in der Gegenwart noch unveränderten 861 Paragraphen etwa den Geltungsbereich Monarchia Austriaca (Erbländer 1812, Erbländer 1814-1820, Ungarn 1853-1861, Krakau, Bosnien-Herzegowina, Ausstrahlungen auf Liechtenstein, Schweiz, Italien, Deutschland, den Balkan und sonstige Bereiche), die Teilnovellen, die Nachfolgestaaten sowie Österreich 1918-2011 mit einem Ausblick in die Zukunft. Michael Rainer stellt den historischen Hintergrund, die Entwicklung vom Codex Theresianus zum Josephinischen Gesetzbuch sowie den Einfluss Karl Anton von Martinis und Franz von Zeillers dar. Wilhelm Brauneder geht sorgfältig auf das ABGB in Liechtenstein ein.

 

Im Übrigen erfassen einzelne Studien Norditalien (Mattiangeli), Jugoslawien/Serbien (Nicolić), Slowenien (Juhart), Kroatien (Slakoper), Bosnien (Trnavci), Ungarn (Végh), Rumänien (Bob), Galizien/Ukraine (Yanovytska), die Slowakei (Csach/Laclavíková), Tschechien (Bejček), Polen (Wojciechowski), Litauen (Gumbis), Baltikum (Lazdiņš), Letlland (Osipova), Russland (Rudokovas, Kozlova), Estland (Kull) sowie zum Abschluss die Sachgegenstände Arbeitsrecht (in Russland, Khokhlov) und Sklaverei (Harrer/Warto). Leider fehlt ein hilfreiches Sachregister. Insgesamt bietet der ansprechend schlicht und elegant gestaltete Sammelband aber zahlreiche Erkenntnisse und Aufschlüsse über die beachtliche internationale Ausstrahlung und Wirkung des wohl wichtigsten Gesetzes der österreichischen Rechtsgeschichte.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler