Zamoyski, Adam, 1812. Napoleons Feldzug in Russland. Aus dem Englischen von Keen, Ruth/Stölting, Erhard. Beck, München 2012. 720 S., 60 Abb., 24 Kart. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Ein Krieg als große menschliche Anstrengung von Gemeinschaften hat meist einen mehr oder weniger offenen Ausgang, für den jeder Beteiligte das ihm günstigste Ergebnis erhofft. Was wirklich dann eintritt, lässt sich nicht verlässlich vorhersehen, weil sich zahllose Einzelheiten von Absicht bis Zufall auswirken können. Sieg oder Niederlage des einen oder anderen können aber den Lauf der Geschichte in unterschiedliche Richtungen ändern.

 

Der einer alten polnischen Adelsfamilie entstammende Verfasser der vorliegenden Untersuchung über einen der bekanntesten Feldzüge der Weltgeschichte wurde in New York 1949 geboren und in Oxford zum Historiker ausgebildet. Nach einer 1980 veröffentlichten Biographie Chopins hat er als freier Schriftsteller mehr als ein Dutzend geschichtlicher, meist Polen oder Russland betreffender Werke vorgelegt. Seine auf der Auswertung zahlreicher Augenzeugenberichte beruhende Darstellung von Napoleos berühmten Feldzug in Russland ist von der Leserschaft so günstig aufgenommen worden, dass allein der deutsche Verleger im Erscheinungsjahr bis September sieben Auflagen herstellen und absetzen konnte.

 

Gegliedert ist die spannende Schilderung in insgesamt 25 Abschnitte, die mit Caesar, Alexander und der Seele Europas beginnen. Danach begibt sich Napoleon eigentlich wider Willen auf den Weg zum Krieg, überschreitet im Glauben an seine große Armee aber dann doch den Rubikon, hinter dem nach anfänglichen Erfolgen im totalen Krieg die Niederlage nicht aufzuhalten ist, wobei nach den Erkenntnissen des Verfassers weder der anfängliche Rückzug der russischen Armee geplant, noch der langsame Rückzug der Franzosen durch Winterkälte verursacht war. Sowohl aus der Sicht der Anführer wie dem Blickwinkel der Geführten stellt der Verfasser den ersten totalen, den Verlauf der europäischen Geschichte dramatisch beeinflussenden Krieg in beeindruckend lebendiger Art und Weise dar.

 

Innsbruck                                                                                           Gerhard Köbler