Wejwoda, Marek, Spätmittelalterliche Jurisprudenz zwischen Rechtspraxis, Universität und kirchlicher Karriere. Der Leipziger Jurist und Naumburger Bischof Dietrich von Bocksdorf (ca. 1410-1466) (= Education and Society in the Middle Ages and Renaissance 42). Brill, Leiden 2012. 468 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Arbeit ist die von Enno Bünz angeregte und fast ein Jahrzehnt betreute Dissertation des in Dresden 1977 geborenen, nach dem Abitur am Dresdener Pestalozzi-Gymnasium, dem Zivildienst und dem Studium der mittleren und neueren Geschichte und der Soziologie an der Technischen Universität Dresden und der Universität Leipzig sowie einer Tätigkeit als studentische Hilfskraft bei Franz-Reiner Erkens und in den Sondersammlungen der Universitätsbibliothek Leipzig mit einer Magisterarbeit über Kirche und Landesherrschaft. Das Hochstift Meißen und die Wettiner im 13. Jahrhundert graduierten Verfassers. Von Juni 2006 bis September 2010 war er Promotionsstipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes und von Oktober 2006 bis September 2008 sowie seit Januar 2011 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für sächsische Landesgeschichte.
Im Rahmen seines am 27. April 2011 erfolgreich abgeschlossenen Promotionsvorhabens legte er in drei Teilbänden mit etwas mehr als 1000 Seiten eine Dissertation mit dem Titel Dietrich von Bocksdorf vor. Unter praktischer und vielleicht auch taktischer Ausgliederung der gesondert publizierten umfangreichen quellenerschließenden und überlieferungsgeschichtlichen Studien zu Bocksdorf rechtspraktischen Texten und zu seinem Werk einerseits und des Kapitels über Bocksdorfs Buchbesitz und des monographisch abgeschlossenen Exkurses über die Geschichte der Leipziger Juristenfakultät im 15. Jahrhundert andererseits veröffentlicht er mit dem vorliegenden Buch den Hauptteil der Dissertation an hervorragender Stelle. Er gliedert dabei seine überzeugende Studie in drei Kapitel.
In seiner Einleitung schildert er Leistungen und Desiderate der Forschung sowie Zielstellung, Perspektiven und Aufbau der Arbeit. Danach behandelt er Dietrich von Bocksdorfs Konturen in den Kontexten ihrer Zeit in Bezug auf Herkunft und Familie, Studium in Leipzig und Perugia, den Juristen zwischen 1439 und 1463 an der Leipziger Fakultät, in der Universität, in der Stadt und im Dienst Kurfürst Friedrichs II. von Sachsen, die Pfründenkarriere, die eindrucksvollen wirtschaftlichen Verhältnisse, die drei Testamente, die Stipendien- und Bücherstiftung, die kurze, am Lebensende stehend Tätigkeit als Bischof von Naumburg sowie Memoria, Tod und Grablege. Das dritte Kapitel verfolgt akribisch und vorbildlich den gelehrten Juristen in der Rechtspraxis mit seiner Überlieferung, seinen Wirkungsräumen, Aufgabenbereichen, Tätigkeitsfeldern und Arbeitsweisen sowie den wichtigen und erfolgreichen Hilfsmitteln und Handreichungen für den Praktiker.
Am Ende bietet der Verfasser eine glänzende Zusammenfassung über die Aussagekraft einer Einzelanalyse sowie bedeutsame Anhänge. Insgesamt gelangt der Verfasser geschickt, einfallsreich und selbständig zu zahlreichen neuen Einzelerkenntnissen, die er zugleich allgemeiner einordnen und umsetzen kann. Das umfangreiche Sammlungen von mehr als 500 rechtspraktischen Arbeiten erschließende Werk überzeugt darüber hinaus durch die eindrucksvollen, zwischen kritischer Vorsicht und vorzüglicher Übersicht gekonnt wechselnden sprachlichen Fähigkeiten des vielseitigen und leistungsfähigen Verfassers, dem man nur viele weitere derartige Leistungen wünschen kann.
Innsbruck Gerhard Köbler