Wegera, Klaus-Peter/Schultz-Balluf, Simone/Bartsch, Nina, Mittelhochdeutsch als fremde Sprache. Eine Einführung für das Studium der germanistischen Mediävistik. Erich Schmidt, Berlin 2011. 236 S., 90 Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Des Mittelhochdeutschen als einer besonderen geschichtlichen Entwicklungsstufe des Deutschen ist im Grunde erst die Germanistik des 19. Jahrhunderts sich wirklich bewusst geworden. Wie für das Althochdeutsche, so hat sie auch für das Mittelhochdeutsche klassische Wörterbücher und Sprachlehren geschaffen, selbst wenn diese ihrer Nachwelt inzwischen mangelhaft geworden sind. Kaum wirklich zuverlässig gewonnen, ist das Althochdeutsche aber in der didaktischen Praxis seinen Meistern eigentlich schon seit etwa 1970 zwischen den Fingern zerronnen und vierzig Jahre danach scheint es im Ringen um die Zeit und Aufmerksamkeit in der schulischen Bildung auch um das Mittelhochdeutsche so schlecht bestellt, dass es selbst in Deutschland als fremde Sprache angesehen werden kann oder muss.
Nach Ansicht der verdienstvollen Verfasser ist Mittelhochdeutsch (zwar) keine Fremdsprache, wird aber im schulischen Unterricht kaum noch ernsthaft thematisiert und von daher von vielen germanistischen Erstsemestern als fremde Sprache erfahren. Diese Lage macht sich das vorliegende Werk zu Nutze und führt in das Mittelhochdeutsche unter Verwendung fremdsprachendidaktischer Methoden und Erkenntnisse ein. In 15 Unterrichtseinheiten vermittelt es Textkenntnis, Grammatik und deutsche Kultur des Mittelalters an Hand vieler Beispiele und Bilder.
Nach Einleitung und Benutzungshinweisen wird mit dem Nibelungenlied Willkommen geboten, werden Walther von der Vogelweide, Hugo von Trimberg, Schwabenspiegel, Albrecht von Kemenaten, Gottfried von Straßburg, Pleier, Satzungsbuch Nürnbergs, Pfaffe Konrad, Hartmann von Aue, Millstätter Predigtsammlung, Bruder Berthold, Heinrich von Veldeke und vieles andere mit Wald, Wildnis, Hof, Macht, Glaube, Krankheit, Gesundheit, Ehe, Minne, Wissen und Wissensvermittlung vorgestellt. Wichtigste Substantive sind dabei nach den einleuchtenden Ermittlungen der Verfasser got, herre, man, tac, herze, vrouwe, künic, stat, liut, lip, mensche, kint, guot, minne, hant, sele, jar, dinc, reht, lant, zit, vater, werelt, wort, ere, sun, tod, genade, wille und wip, wichtigste Verben sin, haben, wesen, soln, werden, sprechen, wellen, komen, tuon, muogen, geben, sehen, sagen, nemen, gan, lazen, heizen, müezen, stan, wizzen, machen, ligen, schehen, bringen, vinden, hoeren, varn, tragen, biten, kunnen, enphahen, schriben, winnen und leben, wichtigste Adjektive guot, groz, heilec, sancte, liep, reht, süeze, reine, schoene, ewec, riche, vorgenant, hoch, war, arm, edel, michel, tot, erst, alt, junc, wis, geistlich, starc, boese, gelich, vol und kunt. Möge das ansprechende Einführungswerk dem Mittelhochdeutschen viele neue Freunde finden, damit der, der deutsch spricht, wenigstens ein wenig über die Herkunft seiner Sprache Bescheid weiß.
Innsbruck Gerhard
Köbler