Tomberg, Friedrich, Das Christentum in Hitlers Weltanschauung. Fink, Paderborn 2012. 206 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Adolf Hitler wurde in einer durchschnittlich katholischen österreichischen Familie in einer Zeit geboren, in welcher der Sozialismus bereits in einen Wettbewerb mit dem Christentum eingetreten war. Er entschied sich nicht für einen Einsatz für das Christentum. Dem zog er vielmehr die Begründung einer eigenen Weltanschauung vor, die er aus unterschiedlichsten Versatzstücken zusammenstellte.
Der in Goch 1932 geborene Verfasser promovierte nach dem Studium der Philosophie, Germanistik und Geschichte in Köln, Freiburg im Breisgau und Berlin (Freie Universität) 1963 mit einer Dissertation über Nachahmung als Prinzip der Kunst. Nach anschließender Mitarbeit an der Zeitschrift das Argument wurde er 1974 Professor der Philosophie an der Pädagogischen Hochschule in West-Berlin, zog 1979 aber die Deutsche Demokratische Republik vor. Hier wirkte er bis 1987 an der Universität Jena und bis 1992 als Mitarbeiter der Akademie der Wissenschaften und Leiter der Abteilung Geschichte der Philosophie im Zentralinstitut für Philosophie.
Seine mit insgesamt 10 Anmerkungen, Literaturverzeichnis und Namenregister von Adenauer bis Zitelmann versehene Untersuchung gliedert sich nach einer Einleitung über das Hitlerbild der deutschen Bundesrepublik im Schatten der Ära Adenauer in sieben Kapitel. Sie behandeln Hitlers Option gegen das Christentum aus europäischer Ideologie, die Verbindung von europäischer Ideologie und Antiklerikalismus in Hitlers österreichischer Sozialisation, die politische Konzeption einer Weltherrschaft zur Rettung der europäischen Menschheit, die Erneuerung Europas in Konfrontation zur geschichtlichen Christenheit, die Nachfolge Christi zur Erzwingung einer nationalsozialistischen Utopie, den Versuch einer metaphysischen Verankerung der völkischen Weltanschauung und schließlich den Höllensturz eines Aufklärers in Auflehnung gegen die werdende Weltgesellschaft. Da der Verfasser das Christentum als einerseits von Hitler abgelehnt, aber andererseits auch als Mittel der Legitimation und Instrument auf dem Weg zum Holocaust verwandt sieht, betrachtet er im Ergebnis den Antisemitismus nicht als Voraussetzung der Ziele Adolf Hitlers, sondern als Folge.
Innsbruck Gerhard Köbler