Steinke, Ronen, The Politics of International Criminal Law. German perspectives from Nuremberg to the Hague. Hart Publishing, Oxford, 2012. 150 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Das Recht hat sich nach allgemeiner Ansicht zuerst bei den einzelnen Völkern entwickelt und war damit zunächst personal abgegrenzt. Als sich die Völker niederließen und feste Gebiete beanspruchten, richteten sie Grenzen ein, innerhalb deren grundsätzlich ihr eigenes Recht anzuwenden war. Dabei wachten die neu entstanden Staaten mit größtem Nachdruck über ihr jeweiliges Gebiet und verbaten sich strikt jede fremde Einmischung in innere Angelegenheiten.

 

Dies wurde zwar vielfach als problematisch angesehen, jedoch bisher kaum grundsätzlich geändert. Allerdings ließen die Globalisierung der Welt unter dem EInfluss der digitalisierten Nachrichtenübermittlung doch allmählich so große Zweifel daran entstehen, ob Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und Verbrechen der Aggression nicht doch so gravierende Rechtsbrüche seien, dass sie ungeachtet nationaler Souveränität international verfolgt werden müssten. Nach langem internationalem Ringen wurde deshalb gegen den straken Widerstand der Vereinigten Staaten von Amerika am 1. Juli 2002 das Römische Statut über den Internationalen Strafgerichtshof in Kraft gesetzt.

 

Der Jurist und Journalist Ronen Steinke betrachtet in diesem Zusammenhang die von Deutschland eingenommene, wechselnde Stellung. Er erkennt, dass sie vor allem von der Deutungshoheit über das Geschehen seit 1945 bestimmt war. Eine zentrale Rolle bei dieser Herausnahme der internationalen Strafgerichtsbarkeit aus der Zuständigkeit der von den fünf ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrats beherrschen Vereinten Nationen weist er dabei ansprechend Hans-Peter Kaul zu, der1996 die Leitung der Völkerrechtsabteilung des deutschen Außenministeriums übernahm und im Zusammenwirken etwa mit Australien und Kanada die bedeutsame Veränderung erreichte, und 2003 Richter des vor allem von ihm erreichten Internationalen Strafgeriuchtshofs wurde.

 

Innsbruck                                                        Gerhard Köbler