Sondertagung der Zivilrechtslehrervereinigung zum Vorschlag für ein Common European Sales Law in Bonn im April 2012, hg. v. Wagner, Gerhard/Zimmermann, Reinhard (= Archiv für die civilistische Praxis, 212 [2012], 467-852). Mohr (Siebeck), Tübingen 2012. 395 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Infolge der technischen und wirtschaftlichen Fortschritte des Menschen rückt seine wachsende Zahl immer enger zusammen. Dem kann sich das Recht nicht vollständig entziehen, sondern muss sich den dadurch erwachsenden Herausforderungen stellen. In diesem Zusammenhang hat die Europäische Kommission am 11. Oktober 2011 einen Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über ein gemeinsames europäisches Kaufrecht vorgelegt, womit die geschichtliche Entwicklung der Europäisierung des Privatrechts in ein neues Stadium zu treten scheint.

 

Vorausgegangen waren dem seit etwa 1985 zahlreiche Richtlinien der Rechtsetzungsorgane der Europäischen Gemeinschaft bzw. Europäischen Union, die mit dem Verbrauchervertragsrecht im Mittelpunkt das Vertragsrecht stark beeinflussten. Ihre Umsetzung in mitgliedstaatliches Recht ermöglichte es dem Europäischen Gerichtshof, bei dieser Veränderung vor allem integrierend mitzuwirken. Im Anschluss hieran erarbeitete die Wissenschaft nach einem auf Globalisierung gerichteten Projekt der Principles of International Commercial Contracts des Unidroit-Instituts in Rom aus dem Jahre 1994 im Jahre 1995 im Rahmen der so genannten Lando-Kommission Principles of European Contract Law, die bis 2003 vervollständigt und zusammen mit Principles of the Existing EC Contract Law in den Draft Common Frame von 2008/2009 überführt wurden.

 

Der auf dieser Grundlage erarbeitete Vorschlag der Europäischen Kommission ist für die weitere Entwicklung des Kaufrechts in der Europäischen Union und darüber hinaus von so großer Bedeutung, dass ihn die Zivilrechtslehrervereinigung zum Thema einer eigenen, in Bonn im April 2012 abgehaltenen Tagung machte, deren Referate und Ergebnisse das Archiv für civilistische Praxis auch in dem vorliegenden Sonderheft der Allgemeinheit zeitnah zur Verfügung stellt. Darin behandelt nach einem Vorwort der Herausgeber Astrid Stadler Anwendungsvoraussetzungen und Anwendungsbereich des Common European Sales Law, stellt Stefan Grundmann Kosten und Nutzen eines optionalen europäischen Kaufrechts einander gegenüber, untersucht Brigitta Zöchling-Jud Acquis-Revision, Common European Sales Law und Verbraucherrichtlinie, befasst sich Dirk Loosschelders mit dem allgemeinen Vertragsrecht und schließt Stephan Lorenz das besondere Kaufrecht und die damit verbundenen Dienstverträge an. Insgesamt fordert die deutsche Zivilrechtswissenschaft bei überwiegdénder Bejahung des Zieles mit gewichtigen Überlegungen wohl mehr Zeit für die noch nicht erreichte innere Stimmigkeit, doch ist nicht sicher, ob und wieweit sich der europäische Gesetzgeber hiervon auf seinem geschichtlichen Weg zu (freiwilliger) Kaufrechtseinheit beeinflussen lassen wird.

 

Innsbruck                                                        Gerhard Köbler