Schlosser, Hans, Die „Leopoldina“. Toskanisches Strafgesetzbuch vom 30. November 1786. De Gruyter, Berlin 2010. X, 156 S. Besprochen von Gerhard Köbler.
Der Bearbeiter hat den Herausgeber freundlicherweise auf dieses wichtige Werk aufmerksam gemacht. Umgehend haben sich dafür auch zwei sachkundige Rezensionsinteressenten gefunden. Da dem Verlag aber eine Lieferung eines Rezensionsexemplars nicht möglich war, muss der Herausgeber auf Grund Ausleihe selbst mit wenigen Zeilen auf die Veröffentlichung hinweisen.
Nach dem kurzen Vorwort des Bearbeiters ist sein Buch die Antwort auf eine desolate und unerträgliche Forschungslage, die hauptsächlich darin besteht, dass die deutsche historische Strafrechtswissenschaft die Riforma della legislazione criminale di Toscana des Großherzogs Peter Leopold vom 30. November 1786 einschließlich ihrer ersten und bislang letzten deutschsprachigen Übersetzungen des Jahres 1787 praktisch nicht zur Kenntnis genommen hat. Dies wird der Bedeutung dieses wichtigen Schrittes auf dem Weg zu einem rationalen, individualisierten, humanen und säkularen Kriminalrecht in Europa nicht gerecht. Deswegen unternimmt der Bearbeiter dankenswerte eine entscheidende Abhilfe.
Sachkundig, engagiert und detailliert beschreibt er darum die untypische Entstehung des Gesetzes, dessen Profil (Aufbau, Systematik, reformierter Inquisitionsprozess, Polizeistrafrecht, Strafzwecke und Strafmittel) sowie das materielle Strafrecht mit seinen Religionsdelikten, Majestätsdelikten, Sexualdelikten und Verbrechen gegen das Leben und die körperliche Integrität. Danach bietet er in der Edition den italienischen Originaltext mit seinen 119 Artikeln und anschließend eine moderne deutsche Übersetzung. Literaturhinweise und ein Register. Möge entsprechend der Zielsetzung das schlanke Werk zu einer neuen Beschäftigung mit der frühen aufgeklärten Kriminalpolitik in Europa führen.
Innsbruck Gerhard Köbler