Schieder, Paul, Französische Zwangsarbeiter im „Reichseinsatz“ auf dem Gebiet der Republik Österreich. Hintergründe und Lebenswelten. Böhlau, Wien 2011. 218 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Dass ein Mensch für einen anderen Menschen einen Wert haben kann, war dem Menschen als einem sozialen Wesen wohl von den ersten Anfängen an bewusst. Die wirtschaftliche Bedeutung des in Arbeit verwirklichten Wertes hatte er bereits überall dort erfasst, wo Mensche andere Menschen als Sklaven hielten. In anfangs nicht möglichem Maß erfolgte diese verwendende Ausbeutung vor allem im 20. Jahrhundert.

 

Die wissenschaftliche Forschung hat sich mit solchen Fragen bereits vielfach befasst. Das Ausmaß des Gegenstandes ist aber so groß, dass eine vollständige Behandlung kaum jemals möglich sein wird, zumal auch hier Wettbewerb und Modetrend von Bedeutung sind. Die bisher noch bestehende Wissenslücke über französische Zwangsarbeiter in dem sich 1938 dem Deutschen Reich anschließenden Österreich schließt der 1976 geborene Verfasser, der bereits bei der 2005 erfolgten Edition des Tagebuchs des im Schneeberglager in Ternitz benutzten Zwangsarbeiters Francis Jeanno mitgewirkt hat.

 

In der vorliegenden selbständigen Untersuchung beschreibt der Verfasser allgemein die Tätigkeit der französischen Zwangsarbeiter, von denen ab 1942 fast 720000 einbezogen wurden, in Österreich vor allem an Hand privater Aufzeichnungen Überlebender. Er gliedert seine weiterführende, mit einem Vorwort Oliver Rathkolbs versehene Untersuchung nach Einleitung, Forschungsverlauf, Begriffsabgrenzungen und Hintergrund (vor allem des Arbeitskräftemangels im Deutschen Reich) in die Zwangsarbeit der rund 70000 zwischen 1942 und 1944 vor allem in Industrie und Handwerk in Österreich verbrachten Männer und Frauen einerseits (Rekrutierung, Ankunft und Zuweisung, Arbeitsbedingungen in vielen Einzelheiten, Organisation und Befreiung sowie Repatriierung) und acht detaillierte Einzelschicksale von Männern. Insgesamt ergab die sachgemäße Aufarbeitung der Erinnerungsliteratur und der vom Verfasser geführten Interviews kein durchweg einheitliches Bild, doch weist der Verfasser besonders darauf hin, dass für die überlebenden Betroffenen 60 Jahre nach Kriegsende nicht Deutschland und Österreich im Mittelpunkt der Diskussion stehen, sondern der unbefriedigende Umgang Frankreichs mit ihrem Schicksal.

 

Innebruck                                                                               Gerhard Köbler