Schäfers, Beatrice, Freispruch in Nürnberg. Der Weg zum freisprechenden Urteil des Internationalen Militärtribunals von Nürnberg im Fall Hans Fritzsche (= Strafrecht und Rechtsphilosophie in Geschichte und Gegenwart 8). Lang, Frankfurt am Main. 2012. 215 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Arbeit ist die von Wolfgang Schild betreute, von der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Bielefeld 2011 angenommene Dissertation der am Lehrstuhl des Betreuers beschäftigten Verfasserin. Ihre Zielsetzung ist die exemplarische Untersuchung eines der drei Freisprüche des internationalen Militärgerichtshofs von Nürnberg. Damit hatte nach Ansicht der Verfasserin am 1. 10. 1946 niemand gerechnet.

 

Gegliedert ist die schlanke, detaillierte, weitgehend auf gedruckten oder digitalisierten Quellen beruhende Untersuchung in insgesamt drei Teile. Nach dem Weg auf die Anklagebank beschreibt die Verfasserin sehr genau den Ablauf des Verfahrens und hebt dabei die Anklagepunkte der Verschwörung und der Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit besonders hervor. Anschließend geht sie auf den Fall des in Bochum am 27. September 1900 geborenen, als Journalist seit September 1932 in einer Agentur der Reichsregierung unter Franz von Papen und danach im nationalsozialistischen Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda tätigen, am 1. Mai 1933 in die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei eingetretenen und im gleichen Jahr zum Leiter des Nachrichtenwesens in der Presseabteilung des Ministeriums unter Joseph Goebbels aufgestiegenen Fritzsche besonders ein.

 

Im Ergebnis stellt die Verfasserin fest, dass die Anklage gegen Fritzsche nicht auf sachlichen oder rechtlichen Erwägungen beruhte, sondern Folge eines diplomatischen Zugeständnisses an die sowjetischen Anklagevertreter war. Während der objektive Tatbestand der Anklage sich mit einigen Schwierigkeiten erweisen ließ, konnten für die subjektive Tatseite Beweise so wenig erbracht werden, dass der Angeklagte sich als unwissendes Werkzeug der Nationalsozialisten darstellen konnte. Daraus zieht die Verfasserin am Ende ansprechend den Schluss, dass ungeachtet aller Schwächen des Verfahrens eine freie Verteidigung vor dem Internationalen Militärgerichtshofs möglich war und die Richter die Unschuldsvermutung ernst nahmen, wenngleich die Verfasserin gleichzeitig davon ausgeht, dass der in Köln 1953 an den Folgen einer Krebsoperation gestorbene Fritzsche in vielen Punkten schlichtweg log.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler