Rosenstrauch, Hazel,
Karl Huß. Der empfindsame Henker. Eine böhmische Miniatur. Matthes & Seitz,
Berlin 2012. 175 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Die Verfasserin wurde als Tochter jüdisch-kommunistischer
Emigranten 1945 in London geboren. Sie wuchs seit 1946 in der alten Heimat in
Wien auf. Nach dem Studium von Germanistik, Philosophie und Soziologie an der
Freien Universität in Berlin und der empirischen Kulturwissenschaft in Tübingen
und ihrer Dissertation über den Verleger Philipp Erasmus Reich war sie vor
allem in Berlin und Wien in unterschiedlichen Bereichen tätig und behandelte in
vielfältigen Publikationen vor allem die Beziehungen zwischen Wissenschaft und
Öffentlichkeit, das jüdisch-deutsche Verhältnis und die Veränderungen am Ende
des ancien régime.
Der in Brüx am 3. Januar 1761 als Sohn des dortigen
Scharfrichters geborene Karl Huß (Huss) wurde zunächst Schüler des Gymnasiums
der Piaristen in seiner Heimatstadt. Wegen des Berufs seines Vaters musste er bald
die Schule verlassen, führte 1776 mit 15 Jahren seine erste Hinrichtung durch
und wurde wenig später Nachfolger seines Onkels als Scharfrichter in Eger. Nach
1787 wurde die Todesstrafe nicht mehr mittels Schwertes oder Galgen
vollstreckt, so dass Huß früh brotlos wurde.
Wegen seiner vielseitigen anderweitigen, vor allem
sammelnden und auch literarischen Interessen wurde er jedoch bald eine bekannte
Figur, die sogar Verbindung zu Johann Wolfgang von Goethe fand und nach 1827
zum Kustos der Sammlungen des Fürsten Klemens Wenzel Nepomuk Lothar von
Metternich-Winneburg zu Beilstein (1773-1859) in Königswart aufstieg. Die
Verfasserin verknüpft in ihrem überzeugenden Essay das Leben beider Männer. In
gewisser Weise erlebten sie einen kaum erwarteten Aufstieg, der bei dem
empfindsamen Henker am 19. Dezember 1836 in einsamer Zufriedenheit auf einem
Schloss in Böhmen endete, während Metternich am Schluss des von ihm maßgeblich
gestalteten Vormärz zwar von den Revolutionären nicht hingerichtet, aber am 13.
März 1848 doch zum Rücktritt und zum Verlassen des Landes gezwungen wurde.
Innsbruck Gerhard Köbler