Riemer, Robert, Frankfurt und Hamburg vor dem Reichskammergericht. Zwei Handels- und Handwerkszentren im Vergleich (= Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich 60). Böhlau, Köln 2012. IX, 431 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Arbeit ist die Druckfassung der aus einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten  Projekt zu Hamburg und Frankfurt am Reichskammergericht hervorgegangenen, von Michael North betreuten und im Frühjahr 2006 an der Universität Greifswald eingereichten Dissertation des Verfassers. Für sie hatte sich umgehend eine sachkundige Rezensentin gefunden. Da sie sich aus nachvollziehbarem Grund leider zum Rücktritt von ihrer Zusage verpflichtet sah, muss der Verfasser mit wenigen Zeilen auf das Werk hinweisen.

 

Gegliedert ist es nach einer hilfreichen Einleitung in Forschungsziele und Gliederung, Forschungsstand und Quellen in vier Teile. In ihnen behandelt der Verfasser zunächst die beiden Städte vor dem Reichskammergericht unter Klassifizierung ihrer Rechtsstreitigkeiten vor dem Reichskammergericht nach Vorschlägen Filippo Ranieris und verfolgt dann jeweils Instanzenzug und Appellationsprivilegien, Inanspruchnahme, Prozessgegenstände, Prozessdauer, (sozial differenziert bzw. geographisch verortet) Prozessparteien und einzelne Prozessgegenstände, wobei er in Kriminalität, staatlich-hoheitliche Rechte, Jurisdiktion, Familienverband sowie Grund- und Bodenwirtschaft (und für Frankfurt zusätzlich Grundherrschaft und Lehnswesen) teilt und dann in leicht abgewandelter Reihenfolge einen Vergleich durchführt. Im Anschluss hieran erörtert er ganz detailliert Handelsprozesse und Handwerksprozesse an Hand jeweils eines einzelnen Rechtsstreits (Hamburg J37, Frankfurt A21, Hamburg H80, Frankfurt M55).

 

Im Ergebnis stellt er fest, dass sich die Rechtsstellung beider Städte zwar grundsätzlich unterschied, dass aber in den insgesamt einbezogenen etwa 3000 Entscheidungen (von rund 71000 überlieferten Reichskammergerichtsakten überhaupt) neben Unterschieden doch auch weitgehende Gemeinsamkeiten sichtbar werden. In beiden Städten sind Kaufleute am häufigsten Kläger bzw. Appellant, in Frankfurt ist die Prozesshäufigkeit trotz ziemlich ähnlicher absoluter Zahlen (Hamburg 1400 bzw. 1369, Frankfurt 1600 bzw. 1634) im Verhältnis zu den Einwohnern relativ größer, in beiden Städten stehen die Appellationen im Vordergrund. Insgesamt zeigt die sorgfältige, durch umfangreiche Anhänge, Tabellen und Graphiken abgesicherte und veranschaulichte Untersuchung eine erkennbare Verrechtlichung des Geschäftslebens im betrachteten Zeitraum.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler