Neueste Entwicklungen im Zusammenspiel von Europarecht und nationalem Recht der Mitgliedstaaten. Ein Handbuch für Theorie und Praxis, hg. v. Hummer, Waldemar. Springer, Wien 2010. XLIX, 747 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Das Europarecht ist seit seinen Anfängen eine vor allem für Europäer spannende Geschichte. Sie ist von Höhen und Tiefen, von Erfolgen und Verlusten, von Glanz und Elend, von Macht und Machtlosigkeit, von Hoffnung und Zweifel gekennzeichnet. Dabei interessieren die jeweils neuesten Entwicklungen die Gegenwart naturgemäß besonders, da alle Vorgänge verwickelt und für die nicht unmittelbar beteiligte Öffentlichkeit nur schwer zu durchschauen sind.

 

Waldemar Hummer hat sich für sie bereits sehr früh interessiert und sich stets mit großem Engagement um die wissenschaftliche Durchdringung und die Vermittlung ihrer Ergebnisse an einen größeren Kreis von Interessierten bemüht. Dies ist ihm in jahrzehntelanger sorgfältiger Bemühung so gut gelungen, dass ihn das Internet inzwischen mit rund 250000 Nennungen verbindet. Dementsprechend gewichtig ist das vorliegende Handbuch, das erstmals die wichtigsten Umsetzungs- und Vollzugsprobleme des Gemeinschaftsrechts und Unionsrechts in den mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen systematisch zusammenstellt.

 

Wegen der überragenden Bedeutung der Vollziehung des Rechtes der Europäischen Union im nationalen Recht seit der Jahrtausendwende entschloss sich der Herausgeber 2007 als Leiter des Schwerpunkts Europäische Integration der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck zur Untersuchung der diesbezüglichen, bis dahin in Österreich nicht näher behandelten Fragen im Kreis führender Theoretiker und Praktiker. Dies gelang in Zusammenarbeit mit 14 Europarechtsexperten österreichischer und deutscher Universitäten und 7 bekannten Praktikern vor allem aus dem Rechtsdienst der Europäischen Kommission und Höchstgerichten Österreichs in so überraschend kurzer Zeit, dass gewissermaßen der Vertrag von Lissabon überholt wurde und die auf die bisherige Grundlage des Rechtes der Europäischen Union in der Fassung des Vertrags von Nizza (2001) abgestellte Aufarbeitung der Judikatur der Gemeinschaftsgerichte nur noch durch eine Reihe von Vorkehrungen dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon Anfang Dezember 2009 Rechnung tragen konnte. Dadurch vermittelt das Gesamtwerk aber doch zugleich in glücklicher Weise zwischen älterem und neuerem Recht und bildet damit ein beeindruckendes Beispiel der Geschichtlichkeit allen Rechtes.

 

Gegliedert ist es in insgesamt 6 Abschnitte und mehrere hilfreiche Anhänge. Nach einer allgemeinen Einführung des Herausgebers werden nacheinander Grundlagen, innerstaatliche Rechtswirkungen ausgewählter EU-Rechtsakte, die Reichweite des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts, Vorgaben für die Vollziehung des EU-Rechts, Sanktionen bei Verletzungen des EU-Rechts und neue Entwicklungen behandelt. Möge es dem Herausgeber und seinen Mitautoren vergönnt sein, auch unter schwierigen Bedingungen noch lange Zeit selbst die allerneuesten Entwicklungen zu verfolgen und so gut wie möglich jedermann aufzuschließen und verständlich zu machen.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler