Mittler, Günther R., Geschichte im Schatten der Mauer. Die bundesdeutsche Geschichtswissenschaft und die deutsche Frage 1961-1989 (= Sammlung Schöningh zur Geschichte und Gegenwart). Schöningh, Paderborn 2011. 432 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Der Verfasser schloss sein 1997 aufgenommenes, in Heidelberg und Amherst/Massachusetts durchgeführtes Studium der mittleren und neueren Geschichte, Politikwissenschaft und englischen Philologie (Literatur) 2004 mit einer Untersuchung für den Magister Artium über die Westarbeit der DDR 1961-1969 ab. Seit 2005 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter Edgar Wolfrums in Heidelberg. Im Juni 2009 konnte er seine durch ein Stipendium geförderte Dissertation über Geschichte und Deutschlandpolitik - Der Umgang der bundesdeutschen Geschichtswissenschaft mit der deutschen Frage 1961-1969 vorlegen und danach 2010 als wissenschaftlicher Angestellter im Heidelberg Research Service des Forschungsdezernats der Universität Heidelberg bzw. am Lehrstuhl für Zeitgeschichte tätig werden.

 

Sein vorliegendes, die überarbeitete Fassung seiner von Edgar Wolfrum betreuten Dissertation vorstellendes Werk beginnt nach einer kurzen Einleitung mit der Frage, wer die deutsche Frage stellt und was sie meint. Danach schildert der Verfasser den diesbezüglichen Forschungsstand und die von ihm verwendeten Methoden und Quellen. Im Anschluss versucht er angesichts der Unübersichtlichkeit maßgeblicher Quellen einen Mittelweg zwischen systematischer und chronologischer Darstellung.

 

Zu diesem Zweck untersucht der Verfasser zunächst die Geschichtswissenschaft zwischen nationalem Pathos und ohnmächtigen Realismus der Jahre von 1961 bis 1969, wobei er zwischen der Zeit vor dem Mauerbau des Jahres 1961 und der Zeit nach dem Mauerbau unterscheidet und Atlanten, Schulgeschichtsbücher sowie geschichtswissenschaftliche Forschung und Lehre besonders berücksichtigt. Dem schließt er zwei weitere Abschnitte über die Geschichtswissenschaft im Zeichen der neuen Ostpolitik bzw. der Abkehr von der gesamtdeutschen Illusion (1969-1978) und über die Geschichtswissenschaft im Zeichen der konservativen Wende (1978-1989) an. Insgesamt versteht die eine bisher bestehende Lücke schließende, durch hilfreiche Abbildungen veranschaulichte, die Anmerkungen an das Ende stellende Arbeit die durchaus nicht einflusslosen Stellungnahmen westdeutscher Historiker zur deutschen Frage während der durch den Mauerbau verkörperten deutschen Teilung als Wegweiser für eine als orientierungslos vorgestellte Bevölkerung, weswegen er am Ende für mehr geschichtswissenschaftliche Mühe bezüglich der Herstellung innerer Einheit in der neuen Bundesrepublik plädiert.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler