Metzler, Marco, Nationale Volksarmee. Militärpolitik und politisches Militär in sozialistischer Verteidigungskoalition 1955/56 bis 1989/90. Nomos, Baden-Baden 2012. 793 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Arbeit ist die durch ein Stipendium der Hanns-Seidel-Stiftung aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung geförderte, 2010 an der Technischen Universität Chemnitz angenommene Dissertation des 1974 geborenen, Betriebswirtschaftslehre in Mittweida und Geschichte des Mittelalters, Philosophie und Politikwissenschaft in Chemnitz studierenden Verfassers. Sie will das Verhalten der Nationalen Volksarmee als militärpolitisches Instrument und als politisch verpflichtetes Militär in einer sozialistischen Verteidigungskoalition beschreiben. Während dies am 40. Jahrestag der Deutschen Demokratischen Republik 1989 kaum jemand („kein Mensch“) im Umfeld der Feiern für möglich gehalten hätte, stehen hierfür seit dem Beitritt der Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1990 neu erschlossene Quellen zu quellennaher Betrachtung in genügender Fülle zur Verfügung.

 

Der Verfasser gliedert sein umfangreiches, sachkundiges, ein Register entbehrendes Werk außer in die Einleitung über den Untersuchungsgegenstand, die Problemstellung, den Forschungsstand und die Quellen, die Methodik und den Aufbau und eine umfangreiche Zusammenfassung in neun Sachkapitel. Sie betreffen die Entstehung des Warschauer Paktes (seit 1954, Warschauer Vertragsorganisation), die Organisation des Warschauer Paktes, die Entstehung der Nationalen Volksarmee (1956), die Organisation der Nationalen Volksarmee und die Nationale Volksarmee zwischen 1955 und 1964/1965, zwischen 1964/1965 und 1968, zwischen 1969 und 1979/1980, zwischen 1979/1980 und 1985 sowie zwischen 1985 und 1989/1990. Nach der sorgfältigen Schilderung der jeweiligen Hauptfragen fasst der Autor seine Erkenntnisse jeweils kurz zusammen.

 

Überzeugend hält der Verfasser dabei jeweils Anspruch und Wirklichkeit sorgfältig auseinander. Das konkrete Bewusstsein der Armeeangehörigen  bezieht er hierfür ebenso ein wie die generelle Doktrin des gesamten Paktes. Auf diese Weise gelingt ihm eine materialreiche, systematische Darstellung mit zahlreichen neuen Einzeleinsichten auch über den Verlauf des Sieges der „Reaktion“ über die Nationale Volksarmee, die Deutsche Demokratische Republik sowie den gesamten Warschauer Pakt, den noch im Oktober 1989 kaum jemand für möglich hielt.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler