Meien,
Joachim von, Kleinststaat und Weltkrieg. Das Fürstentum
Schaumburg-Lippe 1914-1918 (= Schaumburger Studien 71). Verlag für
Regionalgeschichte, Gütersloh 2012. 316 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.
Gegen Ende des dreißigjährigen Krieges
erhielt Graf Philipp von Lippe-Alverdissen über seine Schwester (und Mutter des
letzten, 1640 gestorbenen Grafen von Schaumburg) einen Teil der Grafschaft
Schaumburg (Ämter Bückeburg, Stadthagen, Arensburg, Hagenburg, Steinhude und
teilweise Sachsenhagen) und vereinigte sie unter nomineller Oberhoheit
Hessen-Kassels mit seinen lippischen Gütern Lipperode und Alverdissen zum
Fürstentum Schaumburg-Lippe. Trotz mancher Verluste konnte der regierende Graf
1807 dem Rheinbund beitreten und den Fürstenrang annehmen sowie 1815 Mitglied
des Deutschen Bundes werden, in dem er 1816 eine landständische Verfassung gab.
Durch rechtzeitige Anlehnung an Preußen rettete das Fürstentum 1866 seinen
Forbestand, wurde 1871 mit etwa 340 Quadratkilometern und knapp 50000
Einwohnern zweitkleinster Bundesstaat des Deutschen Reiches und ging nach der
Abdankung des Fürsten von 1918 erst am 1. 11./23. 11. 1946 in Niedersachsen
auf.
Der um 1980 geborene, mit dem Rittergut in
Exten verbundene Verfasser studierte nach dem Abitur am Rintelner Gymnasium in
Magdeburg, Konstanz und Hannover Geschichte und Englisch. Danach wies ihn
Stefan Brüdermann auf die noch nicht wissenschaftlich bearbeitete Thematik des
vorliegenden Werkes hin. Nach zweijähriger, von Karl Heinz Schneider betreuter
Forschungsarbeit im Staatsarchiv Bückeburg wurde seine Studie als Dissertation
von der philosophischen Fakultät der Universität angenommen.
Sie gliedert sich außer in Einleitung und
Schlussbetrachtung chronologisch-sachlich in die Kapitel Kriegsausbruch,
Verkündung des Kriegszustands, Entwicklung der Landwirtschaft, Entwicklung der
Industrie und des Handwerks, Einsatz Kriegsgefangener, Lazarettwesen,
Fürsorgepolitik und innenpolitische Entwicklung. Besondere Bedeutung misst
dabei der Verfasser zutreffend der Frage zu, warum es 1918 in Schaumburg-Lippe
nicht zu einer Revolution kam, was er mit abgeschwächter Ernährungskrise,
linientreuer Sozialdemokratie, fehlendem Rüstungsarbeiterstand, der anerkennenswerten
Rolle der fürstlichen Familie und dem kleinstaatlich-regionalen Identitätsbild
begründet, wie es vielleicht 2012 in gewisser Form noch in Liechtenstein
besteht. Insgesamt lässt die sachgerechte, mit 38 Abbildungen, Bibliographie
und kurzen Registern versehene Untersuchung verstehen, warum manchen die kleine
konkret bekannte annehmbare und bürgernahe Monarchie nicht bedrückender
erscheint als das große abstrakte Ideal, in dem die Berufspolitik von
Demokraten dem Bürger mehr und mehr Zwänge und Pflichten jeglicher Art
auferlegt.
Innsbruck Gerhard Köbler