KöblerKeßlerohnediemauerhätteeskrieg20120604 Nr. 14323 ZIER 2 (2012) 80 IT

 

 

Keßler, Heinz/Streletz, Fritz, Ohne die Mauer hätte es Krieg gegeben. Zwei Zeitzeugen erinnern sich, 2. Aufl. edition ost, Berlin 2011. 224 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Menschen sind trotz all ihrer allgemeinen Züge nichts mehr als zahllose individuelle Besonderheiten. Dementsprechend haben sie in der rechtsgeschichtlichen Entwicklung ein Recht auf Meinungsfreiheit errungen. Hiervon machen der 1920 geborene, zum Maschinenschlosser ausgebildete, nach Flucht aus der deutschen Wehrmacht in die Armee der Sowjetunion übergetretene, 1985 zum Verteidigungsminister der Deutschen Demokratischen Republik aufgestiegene Armeegeneral a. D. Heinz Keßler und der 1926 geborene, 1948 nach Kriegsgefangenschaft in die kasernierte Volkspolizei eingetretene und 1979 zum stellvertretenden Minister für nationale Verteidigung der Deutschen Demokratischen Republik ernannte Generaloberst a. D. Fritz Streletz als höchstrangige noch lebende ostdeutsche Militärzeitzeugen Gebrauch.

 

In sechs Abschnitten legen sie ihre Sicht der Dinge dar. Sie beginnen 50 Jahre nach dem Mauerbau in Ostberlin mit einer Einstimmung zur Lage in der DDR 1961, legen dann die Vorgeschichte der deutschen Zweistaatlichkeit dar und schildern nacheinander die militärischen Planungen im Westen, die sogenannte zweite Berlin-Krise, den 13. August 1961 aus der Sicht der DDR (Grenzsicherungsmaßnahme) sowie die Maßnahmen und die Folgen. Als Anlagen fügen sie Schreiben Gretschkos an Minister Hoffmann vom 15. Juli 1961, Konews an Minister Hoffmann vom 14. September 1961 (russisch), Konews an Minister Hoffmann vom 14. September 1961 (deutsch) und Aufzeichnungen über ein Gespräch Chruschtschows mit Ulbricht vom 1. August 1961 und ein Interview mit Generaloberst Mereschko vom 9. September 1961 bei.

 

Im Ergebnis vertreten sie die Ansicht, dass es ohne die Mauer Krieg gegeben hätte. Überzeugen können sie damit wohl nur wenige, wenngleich ihre Darstellung eine zweite Auflage erreicht hat. Gleichwohl verdient auch ihre Sicht in der unüberschaubaren Medienlandschaft zur von Menschen gewollten und durchgesetzten Politik den ihr gebührenden Platz.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler