Kaltenbrunner, Matthias, Flucht aus dem Todesblock. Der Massenausbruch sowjetischer Offiziere aus dem Block 20 des KZ Mauthausen und die „Mühlviertler Hasenjagd“ - Hintergründe, Folgen, Aufarbeitung (= Der Nationalsozialismus und seine Folgen 5). StudienVerlag, Innsbruck 2012. 448 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Der 1987 geborene Verfasser studierte nach Ableistung des Zivildiensts in der Gedenkstätte Mauthausen Geschichte und Slawistik in Wien und Warschau mit zahlreichen Aufenthalten in Russland, Polen und der Ukraine. Nach Abschluss seiner Studien wirkte er als Projektmitarbeiter an der Kommission für die Geschichte der Habsburgermonarchie der österreichischen Akademie der Wissenschaften. Gewidmet ist seine gewichtige Untersuchung Ariadna Sergeevna Jurkova, die in der Sowjetunion mehr Material als alle anderen über den Block 20 des Konzentrationslagers Mauthausen sammelte und damit ehemalige Kriegsgefangene und Häftlinge zu unterstützen versuchte.

 

Gegenstand des Werkes ist eine geheime Mordaktion von Nationalsozialisten mit dem Decknamen Aktion K oder Aktion Kugel. In ihrem Rahmen wurden nach den Erkenntnissen des Verfassers zwischen Februar 1944 und Februar 1945 im Konzentrationslage Mauthausen etwa 5000 Menschen ermordet. Etwa 570 bis 760 noch lebenden Gefangenen gelang in der Nacht vom 1. auf den 2. Februar 1945 nach Überwältigung der Wachen ein Ausbruch, den jedoch lediglich acht namentlich bekannte und einige wenige unbekannte Männer letztlich überlebten.

 

Nach Beschreibung des Forschungsstands und der Quellenlage untersucht der Verfasser sehr detailliert die bedrückenden, unmenschlichen Ereignisse in zehn Kapiteln. Sie betreffen die Kugelerlässe, die Häftlinge des Konzentrationslagers im Überblick, die Registrierung im Exekutionsbuch vom Februar bis Mai 1944, den Block 20 als Todesblock von Ende Mai 1944 bis Anfang 1945, die inneren Verhältnisse und die Flucht, die „Mühlviertler Hasenjagd“, ihre juristische Aufarbeitung, die Auseinandersetzung mit ihr in der Sowjetunion, die Auseinandersetzung mit ihr in Österreich sowie eine Schlussbetrachtung. Im Anhang bietet der vor allem auch auf Grund ungedruckter Quellen vielfältige neue Erkenntnisse gewinnende, eine Lücke beeindruckend schließende Verfasser die Biographien der Überlebenden, die mehr als 500 namentlich bekannten Opfer, die juristisch verfolgten Beteiligten, Anmerkungen, ein Quellen- und Literaturverzeichnis und ein Abbildungsverzeichnis.

 

Innsbruck                                                                  Gerhard Köbler