Joos, Kurt Ludwig, Schwieriger Aufbau. Gymnasium und Schulorganisation des deutschen Südwestens in den ersten drei Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg (= Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe A Quellen 55). Kohlhammer, Stuttgart 2012. 822 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

An den beiden, im Grundsatz die gesamte Erde ergreifenden Kriegen des 20. Jahrhunderts war das Deutsche Reich auch aus eigenstem Interesse seiner Staatsoberhäupter und mit Zustimmung weiter Teile der Bevölkerung maßgeblich beteiligt. Da dies vor allem von den Siegern als Fehler eingestuft wurde, ergab sich wie von selbst die Notwendigkeit der Besserung Nazifizierter in Entnazifizierte, die sinnvollerweise auch ganz unten bei den am besten Bildbaren beginnen sollte. Hinzu kam, dass im Krieg auch Schulen beschädigt und zerstört wurden und selbst die territoriale Gliederung des Landes mit dem Vorrang Preußens bei den Besatzungsmächten auf Ablehnung stieß, so dass insgesamt vieles zu ändern war.

 

Kurt Ludwig Joos, der nach Ausweis des Karlsruher virtuellen Bibliothekskatalogs in Tübingen am 20. September 1953 auf Grund der Dissertation „Hatte Shakespeare Mitarbeiter bei der Abfassung der Lustigen Weiber von Windsor“? promoviert wurde, war bei Kriegsende 19 Jahre alt. Von 1959 bis zu seiner Pensionierung 1991 war er als Beamter (Referent) im Kultusministerium Baden-Württembergs an der Gestaltung der Schullandschaft Baden-Württembergs beteiligt. Es ist ihm sehr dafür zu danken, dass er die dabei erlangte Sachkenntnis zu einer quellengesättigten, umfangreichen, Dieter Langewiesche gewidmeten Monographie genutzt hat.

 

Gegliedert ist das gewichtige, mit einem Bild beim Aufbau einer Schule in Ulm helfender Schüler geschmückte schulgeschichtliche Grundlagenwerk in 12 Abschnitte. Sie reichen von der Stunde null über die leeren Monate der Jugend ohne Chance, den Neubeginn im Herbst 1945, die Wiederaufnahme der Lehrerbildung und Lehrerfortbildung, die Schule als Hebel der Umerziehung, das Jahr 1948, die Grundlegung (bis zum Ende der Besatzungsherrschaft), die südwestdeutschen Länder, die Anfänge Baden-Württembergs, die Zeit Ministerpräsident Gebhard Müllers (1953-1959) und die Ära des Kultusministers Gerhard Stotz bis zur Ära des Kultusministers Wilhelm Hahn (1964-1978, mit doppelter Wende). In diesem Rahmen zeichnet der Verfasser ein eindrucksvolles Panorama vieler Fragen und Lösungsversuche, bei denen naturgemäß die Entscheidungsträger im Vordergrund stehen, aber auch der alltäglichen Leistungen vieler anderer Beteiligter zumindest im Grundsatz gedacht wird.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler