Hugo Preuß 1860-1925. Genealogie eines modernen Preußen, hg. v. Lehnert, Detlef (= Historische Demokratieforschung 2). Böhlau, Köln 2011. 364 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Der in Berlin am 28. Oktober 1860 als wohlhabender Kaufmannssohn geborene Hugo Preuß wurde nach dem Rechtsstudium in Berlin und Heidelberg Privatgelehrter und Politiker und mit 46 Jahren Professor an der Handelshochschule in Berlin. Bekannt wurde er vor allem als geistiger Vater der in Weimar erarbeiteten Verfassung der Republik Deutsches Reich. Der Herausgeber des vorliegenden Sammelbands hebt diesen Umstand im ersten Satz seiner sachkundigen Einführung besonders hervor und ordnet unmittelbar danach Hugo Preuß als einen modernen, zwar notwendigerweise in die eigene Zeit eingebundenen, ihr aber in seinen Gedanken auch vorausgreifenden Preußen ein, der bis an sein Lebensende in Berlin am 9. Oktober 2925 als preußischer Landtagsabgeordneter für ein modernes Preußen arbeitete.

 

Nach den überzeugenden Darlegungen des Herausgebers war es kein historischer Zufall, sondern entsprach der von Preuß häufig beklagten Schwäche des entschiedenen Liberalismus, dass Preuß erst in der Novemberrevolution des Jahres 1918 von den sozialdemokratischen Volksbeauftragten als Verfassungsbeauftragter herangezogen wurde. Deswegen bot der 150 Geburtstag Hugo Preuß’ eine willkommene Gelegenheit, - mit geringer Verzögerung - an die Verdienste Preuß’ zu erinnern. Zwar fand sich unmittelbar nach Erscheinen des auf dieser Grundlage geschaffenen Sammelwerks umgehend ein sachkundiger Rezensent, doch kann in Ermangelung eines Rezensionsexemplars an dieser Stelle nur der Herausgeber mit wenigen Worten auf das Werk aufmerksam machen.

 

Gegliedert ist es in drei Abschnitte, die Interpretationen und Konzepte, Strukturfragen und Reformansätze, Kommunal- und Landespolitik betreffen. Dabei untersucht etwa Christoph Müller die Beziehung Preuß’ zur Souveränität, Detlef Lehnertz zur europäischen Verfassungsgeschichte, Marcus Llanque zur Selbstverwaltung, Ewald Grothe zur deutschen Verfassungsgeschichtsschreibung oder Dian Schefold in Besprechung der Studie Kathrin Grohs zu den demokratischen Staatsrechtslehrern in der Weimarer Republik. Lothar Alberts erörtert das Profil im akademisch-politischen Streit, Peter Brandt den verfassungspolitischen Publizisten, Dian Schefold ungelöste Probleme der Verwaltungsreform und der Verwaltungsgerichtsbarkeit, Monika Wienfort Preuß’ „Junkerschrift“, Wolfram Pyta die Parlamentarisierung der Monarchie im ersten Weltkrieg und Michael Dreyer den gescheiterten preußschen Neugliederungsplan von 1919. Studien  über den steinigen Weg zu einem Groß-Berlin, zur verfassunggebenden Landesversammlung und zum unbekannten preußischen Landtagsabgeordneten der DDP (1919-1925) runden den viele neue Erkenntnisse eröffnenden Band ansprechend ab.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler