Heuvel, Gerd van den, Adlige Herrschaft, bäuerlicher Widerstand und territorialstaatliche Souveränität. Die „Hoch- und Freiheit Gesmold“ (Hochstift Osnabrück) im 18. und frühen 19. Jahrhundert (= Veröffentlichungen der historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen 265). Hahnsche Buchhandlung, Hannover 2011. 229 S., Abb. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Bereits in karolingischer Zeit besiedelten Engern und Westfalen das wenig erschlossene Gebiet an Hase, Else und Uhle zwischen dem Teutoburger Wald und dem Wiehengebirge. Um die Jahrtausendwende erscheint dort eine Siedlung mit dem Namen Gesmelle, für die 1160 Bernhard von Gesmel vom Bischof von Osnabrück das Recht erhält, zur Abwehr von Gefahren eine Burg zu errichten. Ihr Umfeld beleuchtet der Verfasser im Hinblick auf die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungen am Ende derf frühen Neuzeit sehr detailliert.

 

Ausgangspunkt ist dabei das Jahr 1988, in dem der Verfasser und seine Frau Christine van den Heuvel in einem von Helmut Berding herausgegebenen Sammelband über die sozialen Unruhen in Deutschland während der französischen Revolution in der ersten Fußnote ihres Beitrags ankündigten, demnächst eine ausführlichere Studie zu den Gesmolder Unruhen von 1794 und ihren Vorläufern im 18. Jahrhundert vorzulegen. Den 1954 geborenen, nach dem Studium der Geschichte, Germanistik und politischen Wissenschaften in Bochum und der Promotion des Jahres 1984 seit 1985 als Mitarbeiter am Leibniz-Archiv der Leibniz-Bibliothek/Niedersächsischen  Landesbibliothek tätigen Forscher hinderten freilich zahlreiche andere Aufgaben lange Zeit an der Verwirklichung seines Vorhabens. Nach mehr als 20 Jahren ist sie erfreulicherweise gleichwohl gelungen.

 

Seine überzeugende Studie setzt mit den Gesmolder Bauerntumult, der am Morgen des 1. September 1794 mit der Bitte von Bauern um Feuer für ihre Pfeifen an der Pforte des Schlosses Gesmold des Freiherrn von Hammerstein beginnt, ein, bietet danach einen Forschungsüberblick über bäuerlichen Widerstand, frühneuzeitliche Agraverfassung und Territorialstaat sowie die überwiegend archivalische Quellengrundlage im Staatsarchiv Osnabrück und schildert anschließend das Hochstift Osnabrück, bei dem einem Punkt 3.1 kein weiterer Punkt 3.2 folgt. Auf dieser Grundlage wendet sich der Verfasser dem Gut Gesmold zu, beschreibt Bauern und unterbäuerliche Bevölkerung unter Gesmolder (Grund-)Herrschaft und Konfliktkonstellationen im 18. Jahrhundert samt veränderten Wahrnehmungen und neuen Fronten im Zeichen der französischen Revolution. Nach einem Exkurs über die Reform(un)fähigkeit von Kleinstaaten am Beispiel des Fürstbistums Osnabrück endet das die Möglichkeiten und Grenzen von Gewalt und Recht in dieser Zeit anschaulich erfassende, keinen Anlass zu nostalgischer Verklärung des ausgehenden Heiligen römischen Reiches erkennende Werk mit der Erosion der Gesmolder Herrschaft bis zu den Agrarreformen von 1833.

 

Innsbruck                                                                                           Gerhard Köbler