Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte (HRG), begründet von Stammler, Wolfgang/Erler, Adalbert/Kaufmann, Ekkehard, 2., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage, hg. v. Cordes, Albrecht/Lück, Heiner/Werkmüller, Dieter und Bertelsmeier-Kierst, Christa als philologischer Beraterin. Band 2, Lieferung 16 (Kindestötung-Konfiskation). Erich Schmidt, Berlin 2012. 1761-2016 Spalten, 128 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Geschichtlich gesehen ist eine Sprache eine einem Lebewesen vergleichbare Gegebenheit. Sie entsteht, wächst, verändert ihr Aussehen und endet nach dem bisherigen Erfahrungsstand irgendwann. Insbesondere angesichts ihrer den Bedürfnissen des Menschen entsprechenden Flexibilität ist sie auch nicht leicht objektiv messbar, so oft ihr der Mensch auch schon in Wörterbüchern eine greifbare Gestalt zu geben versucht hat.

 

Das Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, das in seiner zweiten Auflage seit 2004 in durchschnittlich zwei jährlichen Lieferungen ziemlich regelmäßig vorangeschritten ist, hat mit seiner 16. Lieferung kurz vor dem 39. deutschen Rechtshistorikertag in Luzern seinen zweiten Band mit dem Stichwort bzw. Verweis Konfiskation zum erfolgreichen Abschluss gebracht. Vergleicht man diesen Stand in Ermangelung eines vollständigen, ebenmäßigen alphabetisch geordneten Gesamtwörterbuchs der deutschen Sprache mit einem beliebigen deutschen Rechtswörterbuch, so wären mit dem Stichwort Konfiskation 47-48 Prozent des Wortschatzes bearbeitet, bei einem Vergleich mit dem führenden etymologischen Wörterbuch der deutschen Sprache sogar schon etwa mehr als 50 Prozent.

 

Das Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte berechnet sich demgegenüber selbst auf sechs Bände. In seiner ersten Auflage ist findet sich der Verweis Konfiskation auf der Spalte 999 des zweiten Bandes der insgesamt 5 im Jahre 1998 abgeschlossenen, jeweils mehr als 2000 Spalten aufweisenden, Register einschließenden Bände. Es ist also (mit einem guten Drittel) erfreulicherweise bereits viel getan, aber doch wohl noch deutlich mehr zu tun.

 

Die 16. Lieferung führt die behutsame modernisierende Veränderung bruchlos fort. Zahlreiche neue Mitarbeiter sind an die Stelle der ausgeschiedenen bisherigen Bearbeiter getreten. Besonders verdient hat sich dabei an den verschiedensten Stellen Heiner Lück gemacht.

 

Beispielsweise hat er einen umfangreichen neuen Artikel über Kirchengebäude verfasst. Guido Kisch  hat er neu aufgenommen und dabei darauf hingewiesen, dass Kisch sich nach seiner Ausbildung in Prag, wo nach österreichischer Tradition eine Dissertation zum Erwerb des Doktorgrads nicht erforderlich war, 1914 bei dem bedeutenden Prozessrechtler Adolf Wach in Leipzig habilitierte, wo die christliche Taufe für jüdische Habilitanden nicht Voraussetzung war. Die Artikel über Heinrich von Kleist und Klenkok hat er weiterentwickelnd fortgeführt.

 

Neu sind neben der Alphabetisierung des Verhältnisses zwischen evangelischem Kirchenrecht (De Wall) und katholischem Kirchenrecht (Landau) etwa die Artikel Kirchenregiment landesherrliches (Stolleis), (statt Klerus) Kleriker (Kéry), Kleve (Muntzel-Everling), stark differenzierend Kodifikationsstreit (Rückert), Kodikologie (Milde), Köhlerei (Gadow), Kohlrausch (Karitzky), Kolonialrecht (Birr), Kommanditgesellschaft (Cordes), Kommentar (Henne), Komtur, Komturei (Sarnowski) oder Konfessionalisierung (Renate Dürr). Vielfach wird dabei die Blickrichtung deutlich ausgeweitet. Manche der Neuerungen beschränken sich aber auch auf untergeordnete Kleinigkeiten.

 

Auffällige Schwächen haben sich bei der raschen Durchsicht nicht ergeben. Vielleicht hätte sich das Verdienst stärker von dem Verdienst trennen lassen. Möglicherweise hätte die Universität Köln ebenfalls eine umfangreichere Betrachtung verdient.

 

Insgesamt zeigt jedenfalls die 16. Lieferung, dass das große und bedeutende Unternehmen auf einem guten Weg ist. Freilich ist er auch bei strikter Einhaltung der geplanten Erscheinungsweise mit voraussichtlich 16 Jahren bis 2028 noch einigermaßen lang. Möge das inzwischen entwickelte parallele www.HRGdigital.de, dessen Grundausstattung auf 676 Euro und dessen Jahresabonnement derzeit auf 84,50 veranschlagt werden, dazu beitragen, dass die Druckversion des Handwörterbuchs nicht dem Schicksal des Großlexikons Brockhaus folgt, sondern sachgerechte Vollständigkeit erreicht.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler