Handbuch des Antisemitismus. Judenfeindschaft in Geschichte und Gegenwart, hg. v. Benz, Wolfgang, Band 4 Ereignisse, Dekrete, Kontroversen, Band 5 Organisationen, Institutionen, Bewegungen. De Gruyter, Berlin 2011, 2012. XV, 492, XVIII, 682. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

 

Die Geschichte der Menschheit ist auch eine Geschichte von Freundschaften und Feindschaften, weil der Mensch zwar ein soziales Wesen, aber doch zugleich ein Individuum ist, das im Wettbewerb mit anderen um die Güter steht. Von besonderem Gewicht ist dabei das Verhältnis von anderen Menschen zu Semiten im Allgemeinen und zu Juden im Besonderen, das seit etwa 2500 Jahren erkennbar ist. Hieraus hat sich eine mit Sozialdarwinismus und Nationalismus begründete Judenfeindlichkeit entwickelt, die in Europa seit dem 19. Jahrhundert Gewicht erlangt und in den Juden die Ursache aller Schwierigkeiten der modernen Welt sieht.

 

Um 1860 kam als Bezeichnung für aus der semitischen Sprachfamilie stammende Fremdwörter die Bezeichnung Semitismus auf. Etwa gleichzeitig wurde der Rassismus geschaffen, in dem die Juden als eine eigene Rasse betrachtet wurden. Der sich danach ausbildende Antisemitismus führte zu vielfältiger Judenfeindschaft in weiten Teilen der Welt, in deren Rahmen die nationalsozialistische Ideologie sich die Vernichtung des Judentums zum Ziel setzte.

 

Im Auftrag des Zentrums für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin gibt Wolfgang Benz seit 2008 ein auf sieben Bände angelegtes Sammelwerk heraus, welches das gesamte verfügbare und wissenschaftlich möglichst gesicherte Wissen über den Antisemitismus ohne räumliche und zeitliche Begrenzung in interdisziplinärer Kooperation verbinden will. Nach Bänden über Länder und Regionen (2008), Personen (A-K und L-Z 2009), Begriffen, Ideologien, Theorien (2010) sammelt Band 4 aus der Feder von 110 Autoren 230 Lemmata über Ereignisse, Dekrete und Kontroversen von der Affäre Blum bis zum zweiten vatikanischen Konzil, Band 5 das Wissen über rund 320 Organisationen vom Verein zur Abwehr des Antisemitismus bis zum Zentrum, wobei umfangreiche Register die jeweiligen Inhalte benutzerfreundlich aufschließen. Nach Abschluss der Bände sechs und sieben über Schriften und Periodika sowie Film, Theater, Literatur und Kunst wird sich jedermann über die wichtigsten Aspekte des menschenrechtsfeindlichen Antisemitismus leicht und gut in dem wichtigen und gediegenen Werk unterrichten können.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler