Hammes, Barbara, Ritterlicher Fürst und Ritterschaft. Konkurrierende Vergegenwärtigung ritterlich-höfischer Tradition im Umkreis südwestdeutscher Fürstenhöfe 1350-1450 (= Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg, Reihe B Forschungen 185). Kohlhammer, Stuttgart 2010. XXXVIII, 406 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Die Arbeit ist die von Werner Rösener angeregte und betreute, nach dreijährigen Forschungen im Wintersemester 2008/2009 vom Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften der Universität Gießen angenommene, für den Druck geringfügig überarbeitete Dissertation der Verfasserin. Sie ging aus dem Teilprojekt Könige und Fürsten des Spätmittelalters und ihre Erinnerungskulturen des Sonderforschungsbereichs 434 an der Universität Gießen hervor. Sie gliedert sich nach einer kurzen Einleitung in drei Teile über Medialität, Traditionskonkurrenz und Zuschreibung und Aberkennung von Ritterlichkeit.

 

Hinsichtlich der Vergegenwärtigung ritterlich-höfischer Tradition am Fürstenhof untersucht die Verfasserin zunächst nacheinander Realien (Geschirr, Schmuck, Kleidung, Rüstung, Jagd und Spiel, Textilien und Reliquien), Handlungen (z. B. Turnier, Jagd, Feste, Pilgerreise) und Denkmäler (Siegel, Münzen, Grabmäler, Figuren, Bilder, Stammbäume, Literatur). Im zweiten Teil betrachtet sie das Verhältnis von Ritterschaft und Fürsten vor allem in der Kurpfalz, Württemberg und Baden und stellt hinsichtlich der Besetzung ritterschaftlicher Traditionsräume durch den Fürsten in Baden das Feindbild Stadt, in Württemberg das Land Schwaben und in der Kurpfalz die Hofgesellschaft fest. Ritterlichkeit bezieht sie schließlich auf Ritterwürde, Ritterpromotion, ritterliche Ehre, ritterliche Taten, adlige Abstammung und ritterschaftliches Herkommen.

 

Ausgangspunkt aller Überlegungen war für die Verfasserin die Frage nach dem Verhältnis der spätmittelalterlichen ritterlich-höfischen Gesellschaft zu den hochmittelalterlichen Traditionen. Im Ergebnis ermittelt sie, dass das Hochmittelalter für die spätmittelalterliche ritterlich-höfische  Gesellschaft weder der ausschließliche noch auch nur der vorrangige Bezugsrahmen war. Von Ritterrenaissancen will sie deshalb mit gutem Grund erst für die Zeit nach 1500 sprechen.

 

Innsbruck                                                        Gerhard Köbler